Leitfaden: Rundfunk-Spots für Parteien und Kandidierende vor Wahlen in baden- württembergischen Rundfunkangeboten
1. Grundsatz und Rechtsgrundlagen
Grundsätzlich ist zunächst einmal jegliche Werbung politischer Art nach § 8 Abs. 9 des
Medienstaatsvertrags verboten. Darunter fallen etwa Inhalte Dritter, die zur Darstellung oder im Interesse parteipolitischer, gesellschaftspolitischer, sozialpolitischer oder vergleichbarer Ziele verbreitet werden. Auch redaktionelle Inhalte eines Rundfunkveranstalters selbst, die im Auftrag oder im Interesse eines Dritten verbreitet werden, um auf die politische Meinungsbildung einzuwirken, sind politische Werbung.
Dagegen handelt es sich bei „Wahlwerbung“ nach der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 3 des Landesmediengesetzes BW (LMedienG) begrifflich nicht um Werbung, sondern um Sendezeit für Dritte zur Vorbereitung der Wahlen, die mit einem entsprechenden Hinweis auf die Verantwortlichkeit des Dritten für den Inhalt versehen wird. Diese Regelung eröffnet die Möglichkeit, vor bestimmten Wahlen den Kandidierenden bzw. Parteien Sendezeit zu deren Darstellung zur Verfügung zu stellen. Erwähnt sind dabei explizit Kommunalwahlen sowie Wahlen zu Landtag, Bundestag und Europäischem Parlament. Als Kommunalwahlen gelten die Wahlen der Gemeinderäte, der Ortschaftsräte, der Bezirksbeiräte und des (Ober-)Bürgermeisters.
§ 5 Abs. 3 LMedienG lautet folgendermaßen:
Stellt der Veranstalter eines Rundfunkprogramms politischen Parteien, Vereinigungen oder zugelassenen Einzelbewerbern Sendezeiten zur Vorbereitung von Kommunalwahlen oder von Wahlen zu Landtag, Bundestag oder Europäischem Parlament zur Verfügung, gilt § 5 Abs. 1 bis 3 des Parteiengesetzes entsprechend. Sendezeiten zur Vorbereitung der Wahlen bleiben bei der Berechnung der zulässigen Dauer der Werbung unberücksichtigt.
In der sinngemäß anwendbaren Vorschrift des PartG (§ 5 Abs. 1 bis 3) heißt es:
(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleich behandelt werden. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemisst sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muss der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.
(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.
(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.
2. Entgeltlichkeit der Wahlspots
Im Gegensatz zu Veranstaltern im Bereich des bundesweiten Rundfunks im Vorfeld der Bundestagswahlen (§ 68 Abs. 2 MStV) sieht das Landesmediengesetz BW bei der Einräumung von Sendezeiten keine Begrenzung auf die Selbstkosten der Veranstalter vor. Baden-württembergische Fernseh- und Radioveranstalter dürfen im landesweiten Rundfunk daher für vergebene Sendezeiten die marktüblichen Preise zugrunde legen, wie sie beispielsweise auch für Wirtschaftswerbung aufgerufen werden.
3. Prinzip der abgestuften Gleichbehandlung
Die zentrale Vorgabe des Parteiengesetzes ist die Gleichbehandlung der in Frage kommenden Parteien bzw. Kandidierenden. Dies betrifft sowohl die zeitliche Kontingentierung als auch die finanziellen Rahmenbedingungen. Die Gleichbehandlung hinsichtlich des Zeitumfangs kann – soweit eine Begrenzung auf bestimmte Kontingente erfolgen soll – bei Parteienwahlen proportional abgestuft nach der Bedeutung der jeweiligen Partei erfolgen. Es ist jedoch ebenfalls möglich, allen Parteien/ Kandidierenden den nach oben hin unbegrenzten Erwerb von Zeitkontingenten einzuräumen. Bei einer Bürgermeisterwahl spricht vieles dafür, den verschiedenen Kandidierenden ein gleiches Kontingent an Sendezeit anzubieten. Das Prinzip der Gleichbehandlung setzt jedoch voraus, dass für den Fall, dass einer Partei / einem Kandidierenden Sendezeit angeboten wird, allen anderen ein entsprechendes Angebot unterbreitet wird. Die tatsächliche Nutzung der Kontingente hängt in jedem Fall von der Entscheidung der Parteien / Kandidierenden ab, in welchem Umfang das Angebot angenommen wird und die theoretisch zur Verfügung stehenden Kontingente letztlich gebucht werden. Im Hinblick auf die finanziellen Voraussetzungen wirkt sich das Prinzip der Gleichbehandlung dahingehend aus, dass die zu berechnenden Preise pro Zeiteinheit bei allen Parteien / Kandidierenden identisch sein müssen.
4. Keine Ablehnung von Wahlspots aufgrund von Inhalten
Da die Wahlspots inhaltlich von den jeweiligen Parteien / Kandidierenden verantwortet werden, können diese nicht ohne Weiteres vom Rundfunkveranstalter abgelehnt werden, wenn dieser etwa mit der politischen Botschaft nicht einverstanden ist. Soweit Wahlspots grundsätzlich ausgestrahlt werden, muss dies für alle Parteien und Kandidierenden gelten, die von dem Angebot Gebrauch machen. Eine Ablehnung haben Gerichte in der Vergangenheit nur in seltenen Fällen als zulässig erachtet, etwa bei evidenten und ins Gewicht fallenden Verstößen gegen allgemeine Normen des Strafrechts oder wenn es sich inhaltlich nicht um Wahlwerbung handelt.
5. Kennzeichnungspflicht
Wahlspots sind als solche zu kennzeichnen. Dies erfordert An- und Absagen, die für alle Parteien bzw. Kandidierenden gleich sind. Aus der Kennzeichnung sollte hervorgehen, dass die inhaltliche Verantwortung für diesen Beitrag bei der jeweiligen Partei / dem jeweiligen Kandidierenden liegt.
6. Zeitraum der Ausstrahlung
Da der Grundsatz des Verbotes politischer Werbung im Rundfunk nicht völlig ausgehöhlt werden soll, ist die Vergabe von Sendezeit an Parteien und Kandidierende jedenfalls nicht vor Ablauf der offiziellen Bewerbungsfrist für die Kandidatur möglich. Als angemessen für Rundfunkspots zur Wahl kann ein Zeitraum ab frühestens ca. 1-2 Monaten vor der Wahl angesehen werden. Soweit eine verkehrsübliche Praxis besteht, am Wahltag selbst auf Werbemaßnahmen zu verzichten, soll diese auch im Bereich des Rundfunks Beachtung finden.
Rückfragen
Für Rückfragen zum Thema Wahlwerbung steht Frau Viktoria Beuke
(Tel. 0711 66 99 1 33, v.beuke@lfk.de) gerne zur Verfügung.