Journalistische Grundsätze

Jeder kann heutzutage Inhalte über soziale Medien an ein potentielles Millionenpublikum richten. Soziale Medien und ihre Nutzerinnen und Nutzer können somit eine erhebliche Meinungsmacht entfalten. Brauchen Sie daher auch eine größere Kontrolle?

Interview mit zwei Personen

Anders als bei sozialen Medien, wo sich jeder äußern kann, werden die Inhalte, die im Radio oder Fernsehen zu sehen sind, von Journalistinnen und Journalisten hergestellt. Tagtäglich entscheiden sie dabei, wie und über welche Inhalte sie berichten – und damit auch, welchen Themen wir Beachtung schenken und wie wir über diese Themen denken.

Um der Verantwortung, die mit dieser Meinungsmacht einhergeht, besser gerecht werden zu können, unterliegen Radio und Fernsehen bereits seit langem klaren gesetzlichen Vorgaben, etwa durch die Medienstaatsverträge und Landesmediengesetze. Für Zeitungen und Zeitschriften ist dies ähnlich. Zu den dort geregelten journalistischen Grundsätzen gehören etwa die Trennung von Redaktion und Werbung, die sorgfältige Recherche oder die Kenntlichmachung von Behauptungen, die sich nicht haben belegen lassen.

Online boomt

Doch auch andere Medien haben mittlerweile einen ähnlichen Einfluss darauf, was wir über bestimmte Dinge denken. Dies belegen die von den Landesmedienanstalten herausgegebene Mediengewichtungsstudie sowie der Medienvielfaltsmonitor. Dort werden seit Jahren die Anteile der Medienangebote am Meinungsmarkt der Medien in Deutschland erhoben.

Demnach war das Internet im Jahr 2023 subjektiv bereits mit Abstand das wichtigste Informationsmedium, gefolgt vom Fernsehen. Tageszeitung, Radio und Zeitschriften folgen mit großem Abstand.

Meinungsbildungsgewicht der Medien

Das Kreisdiagramm zeigt das Meinungsbildungsgewicht der Medien für Personen ab 14 Jahren in Deutschland in Prozent. Basis bilden 3531 Befragte.  Für 29,8% hat das Fernsehen den größten Einfluss auf die Meinungsbildung, das Radio für 8,4%, das Internet für 41,8%, die Tageszeitung für 15,2% und Zeitschriften für 1,6%.
Quelle: Mediengewichtungsstudie 2023 I, S. 21; Angaben in Prozent; fehlende zu 100% = weiß nicht; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen. Frage: Wenn Sie sich über das Zeitgeschehen in Deutschland und aller Welt informieren wollen. Welches Medium ist Ihnen da am wichtigsten? Basis: 70,601 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n=3.531

In den letzten Jahren ist das Meinungsbildungsgewicht der Online-Medien quasi stetig gestiegen. Fernsehen, Tageszeitungen und Radio stagnieren oder verlieren an subjektiver Relevanz als Informationsmedium.

Meinungsbildungsgewicht der Medien im Trend

Das Diagramm zeigt das Meinungsbildungsgewicht unterschiedlicher Medien im Zeitverlauf. Zeitschriften lagen in der zweiten Jahreshälfte von 2016 bei 3,1%, 2017 bei 2,2 und 1,8%, 2018 bei 1,8 und 1,5%, 2019 bei 1,5 und 1,7%, 2020 bei 1,3 und 1,0% Prozent, 2021 bei 1,4 und 2,1%, 2022 bei 1,6 und 1,3% und in der ersten Jahreshälfte von 2023 bei 1,6%. Die Tageszeitung lag in der zweiten Jahreshälfte von 2016 bei 20,9%, 2017 bei 20,7 und 19,6%, 2018 bei 18,9 und 18,5 %, 2019 bei 18,1 und 17,7%, 2020 bei 16,7 und 15,1%, 2021 bei 14,8 und 14,7%, 2022 bei 14,9 und 15,3% und in der ersten Jahreshälfte von 2023 bei 15,2%. Das Radio lag in der zweiten Jahreshälfte von 2016 bei 9,9%, 2017 bei 10,8%, 2018 bei 10,4 und 10,6%, 2019 bei 10,1 und 9,5%, 2020 bei 10 und 11,1%, 2021 bei 9,8 und 8,8%, 2022 bei 10 und 8,7% und in der ersten Jahreshälfte von 2023 bei 8,4%. Das Fernsehen lag in der zweiten Jahreshälfte von 2016 bei 35%, 2017 bei 33,5 und 34,3%, 2018 bei 34,1 und 33,3%, 2019 bei 32,8 und 31,5%, 2020 bei 30,5 und 30%, 2021 bei 31 und 32,7%, 2022 bei 32,4% und in der ersten Jahreshälfte von 2023 bei 29,8%. Das Internet lag in der zweiten Jahreshälfte von 2016 bei 28,8%, 2017 bei 29,1 und 29%, 2018 bei 30,6 und 32,5%, 2019 bei 33,8 und 35,6%, 2020 bei 37,9 und 38,2%, 2021 bei 28,1 und 37,4%, 2022 bei 38 und 40% und in der ersten Jahreshälfte von 2023 bei 41,8%.
Quelle: Mediengewichtungsstudie 2023 I, S. 22; Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen Basis: 70,601 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n=3.531; 2016-II: n=3.774; 2017-I: n=3.287; 2017-II: n=2.800; 2018-I: n=4.399; 2018-II: n=4.406; 2019-I: n=3.978; 2019-II: n=4.396; 2020-I: n=4.294; 2020-II: n=4.455; 2021-I: n=3.660; 2021-II: n=6.022; 2022-I: n=6.040; 2022-II: n=3.811

Betrachtet man das Meinungsbildungsgewicht aufgeschlüsselt nach Altersgruppen wird klar: Fernsehen und Tageszeitungen können heute (noch) vor allem bei der älteren Generation der über 50-Jährigen punkten. Für die junge Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen ist das Internet bereits die klare Nummer 1 als Informationsmedium.

Meinungsbildungsgewicht der Medien nach Altersgruppen

Die Grafik zeigt Balkendiagramme, die das Meinungsbildungsgewicht unterschiedlicher Medien unterteilt nach Alter, Geschlecht und Bildungsniveau abbilden. Basis bilden 70,601 Millionen Personen ab 14 Jahren in Deutschland. Befragt wurden 3531 Personen. Das Fernsehen trägt für 8,3% der 14-29-Jährigen am meisten zur Meinungsbildung bei, das Radio bei 5,3%, das Internet bei 72,8%, die Tageszeitung bei 7,3% und Zeitschriften bei 1,8%.  Unter den 30-49-Jährigen sehen 19% das Fernsehen als das wichtigste Informationsmedium an, 10,8% das Radio, 57,6% das Internet, 8% die Tageszeitung und 1,5% Zeitschriften. In der Gruppe der über 50-Jährigen liegt das Fernsehen als wichtigstes Informationsmedium bei 44,4%, das Radio bei 8,3%, das Internet bei 20,7%, die Tageszeitung bei 22,3% und Zeitschriften bei 1,5%. Unterteilt nach Geschlecht geben 28,1% der Männer und 31,6% der Frauen das Fernsehen als wichtigstes Medium zur Meinungsbildung an, 8,2% der Männer und 8,6% der Frauen das Radio, 43% der Männer und 40,3% der Frauen das Internet, 15,1% der Männer und 15,3% der Frauen die Tageszeitung und 1,6% der Männer sowie 1,5% der Frauen Zeitschriften.  Personen mit geringem Bildungsstand sehen das Fernsehen zu 36,7% als wichtigste Quelle zur Meinungsbildung an, das Radio zu 8,7%, das Internet zu 31,8%, die Tageszeitung zu 17,9% und Zeitschriften zu 1%. Befragte mit mittlerem Bildungsstand geben zu 34,3% das Fernsehen als wichtigste Informationsquelle an, zu 10,2% das Radio, zu 38% das Internet, zu 13,9% die Tageszeitung und zu 0,8% Zeitschriften. Unter den Befragten mit hohem Bildungsstand geben 20,1% das Fernsehen als wichtigste Informationsquelle an, 7,6% das Radio, 52,8% das Internet, 14,4% die Tageszeitung und 2,9% Zeitschriften.
Quelle: Mediengewichtungsstudie 2023 I, S. 23; Angaben in Prozent; grün: + > 1 Prozentpunkt; rot: - > 1 Prozentpunkt im Vergleich zu 2022-II; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen Basis: 70,601 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n=3.531

Journalistische Sorgfaltpflichten - auch im Internet

Mit dem neuen Medienstaatsvertrag wurden die Vorgaben der journalistischen Sorgfaltspflichten, die bereits für die „Online-Presse“ gelten, auch auf bestimmte andere Telemedien mit publizistischer Relevanz erstreckt. Damit wir einen sichereren Rahmen haben für eine offene Debattenkultur.

Genauso wichtig ist es aber, dass wir alle unterscheiden können, ob wir es mit Fakten zu tun haben oder nicht – und wer hinter diesen Angeboten steht. Daher müssen alle journalistisch-redaktionellen Telemedien ausdrücklich benennen, wer für das Angebot inhaltlich verantwortlich ist, und Telemedien in sozialen Netzwerken sind verpflichtet, darüber zu informieren, wenn sie sogenannte „Social Bots“ einsetzen. Diese sind technisch oft so ausgereift, dass sie sich kaum mehr von „echten“ Chat-Kontakten unterscheiden lassen. Daher können sie leicht unsere Meinung beeinflussen – denn je öfter wir bestimmte Meinungen, etwa über ein Produkt oder über einzelne Personen, etwa im Vorfeld von Wahlen, hören, desto glaubhafter wirken sie auf uns. Ergänzt werden die Pflichten für Telemedien mit journalistisch-redaktionellem Inhalt daher auch von einem Gegendarstellungsrecht für Personen oder Stellen, die durch eine in dem Angebot aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen sind.

Kontakt

Team Aufsicht
Landesanstalt für Kommunikation
E-Mail: telemedienaufsicht@lfk.de