Studie: Abbildung von Vielfalt und Regionalität in Suchmaschinen

Der Algorithmus von Google ist neben dem Rezept von Coca Cola wohl eins der am besten gehütetsten Geheimnisse der Welt - und wird überdies noch laufend überarbeitet. Im Rahmen einer im Kontext der Bundestagswahl 2021 durchgeführten Studie zur Schlagzeilenfunktion der Suchmaschine hat die LFK einige interessante Einblicke in die Struktur der von Google gelieferten Schlagzeilen gewinnen können.

Hintergrund der Studienbeauftragung sind die aktuellen Regelungen des Medienstaatsvertrags, wonach Suchmaschinen und soziale Netzwerke (sogenannte Medienintermediäre) explizit in die Vielfaltsregulierung miteinbezogen und zu Transparenz und Diskriminierungsfreiheit verpflichtet werden. Die Aufsicht über die Einhaltung der Vorgaben obliegt den Landesmedienanstalten.

Als Medienanstalt für Baden-Württemberg erhofft sich die LFK von der Studie Erkenntnisse zu den von Google eingesetzten Auswahlmechanismen und deren Auswirkungen auf die Vielfalt der angezeigten medialen Angebote.

Wie wurde geforscht?

Untersuchungsgegenstand der Studie "Abbildung von Vielfalt und Regionalität in Suchmaschinen" der LFK ist die Schlagzeilenfunktion von Google. Rund um die Bundestagswahl am 26. September 2021 - im Zeitraum vom 12. September bis 10. Oktober 2021 - wurden insgesamt 47.328 Abfragen von einer Auswahl an 17 Suchbegriffen (Namen der Kanzlerkandidaten, Spitzenkandidaten der Parteien in Baden-Württemberg für die Bundestagswahl, Sach-/Ortsbegriffe) in Google getätigt. Das sind vier zu jeder vollen Stunde des Untersuchungszeitraums, variiert jeweils nach Ort und Gerät. Insgesamt wurden auf diese Weise im Rahmen der Erhebung 340.468 Schlagzeilen erfasst und 400 Medien (hier "Quellen" genannt)  unter den jeweils ersten drei von Google gelieferten Schlagzeilen bzw. 545 Quellen unter den ersten 10 Schlagzeilen festgestellt.

Vielfalt sichern. Welche Medien kommen vor?

Bei der Analyse, welche Medien es in die Auflistung der Schlagzeilen bei Google schaffen, wird zunächst deutlich: Wenige Quellen haben den größten Teil der Schlagzeilen generiert, wohingegen der weit überwiegende Anteil der Quellen nur wenige Schlagzeilen im Google Schlagzeilenfenster positionieren kann. Sprich: Nicht alle Medien gleichermaßen, sondern einzelne Medien finden sich prominent auf den vorderen Plätzen wieder. Klassische Rundfunkanbieter kommen - bis auf die Tagesschau - unter den ersten 10 gar nicht vor.

Quellenverteilung (Ränge 1-3)

Das Kreisdiagramm zeigt die Verteilung der Quellen, die es in die Auflistung der Schlagzeilen bei Google schaffen. Der Spiegel macht 8,35% der Schlagzeilen aus, die WELT 6,64%, die Tagesschau 5,62%, die FAZ 5,29%, der Münchener Merkur 4,39%, ka-news 4,13%, Stuttgarter Nachrichten 4,02%, die Stuttgarter Zeitung 3,90%, der Tagesspiegel 3,89%, die Süddeutsche Zeitung 3,68%, die Zeit 3,45%, T-Online 3,30% der SWR 7,78%, Ntv 2,77%, Badische neueste Nachrichten 2,24%, das Handelsblatt ebenfalls 2,24%, BILD.de 1,96%, RP Online 1,49%, Dlf 1,48% und Andere 24,64%.

Anzahl der Schlagzeilen je Quelle (20 stärkste Quellen)

Das Säulendiagramm zeigt die Anzahl der Schlagzeilen der 20 am stärksten vertretenen Quellen. Der Spiegel generierte 21.102 Schlagzeilen, die Tagesschau 17.107, die WELT 17.075, FAZ.NET 16.000, T-Online 15.440, die Süddeutsche Zeitung 14.180, die Stuttgarter Nachrichten 12.226, der Münchener Merkur 12.209, die Stuttgarter Zeitung 11.881, der Tagesspiegel 10.592, BILD.de 10.296, ka-news 9.883, Die Zeit 9.709, Ntv 9.674, der SWR 9.360, Badische Neueste Nachrichten 7.796, das Handelsblatt 7.091, RND 7.080, die Frankfurter Rundschau 6.873 und RP online 5.650.

Interessant ist diesbezüglich auch der Blick auf die Mediengattungen der in der Funktion gelisteten Quellen. Hier zeigt sich eine deutliche Ungleichverteilung bzgl. der Anzahl der pro Gattung zurückgelieferten Schlagzeilen: Zeitung dominiert die anderen Bereiche klar.

Anzahl Schlagzeilen je Gattung pro Woche

Das Diagramm zeigt die Anzahl der Schlagzeilen je Gattung pro Woche in einem Zeitraum von 4 Wochen. Den geringsten Anteil macht die Gattung Corpotate Publishing aus. Hier liegen die Schlagzeilen konstant unter 1000 pro Woche. Bei   regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit liegen die Werte nur minimal höher. Redaktionen und Agenturen zählen etwa 2500 Schlagzeilen pro Woche. Bei Zeitschriften sind es knapp unter 9.000 Schlagzeilen.  Online zeigen sich Stärkere Schwankungen. In Woche 1 sind es ca. 10.000 Schlagzeilen, in Woche 2 ca. 7000 und in Woche 3 und 4 wieder ca. 9000. Der Rundfunk veröffentlichte in den ersten beiden Wochen etwa 10.000 Schlagzeilen, in Woche 3 und 4 etwa 14.000. Den größten Anteil an Schlagzeile machen Zeitungen aus, sie liegen bei ca. 30.000 Schlagzeilen in Woche 1 und 4, in Woche 3 und 3 sind es über 40.000.

Clickbaiting und Negativismus? Zum Glück Fehlanzeige

Bei der Betrachtung der Schlagzeilen, die aufgrund der eingegebenen Suchbegriffe ausgegeben werden, zeigte sich hingegen erfreulicherweise in der Sentimentanalyse eine große Ausgewogenheit. Insbesondere die Darstellung der Kanzlerkandidatin und der Kanzlerkandidaten ist neutral bis positiv. Reißerische bis hin zu hetzerischen Schlagzeilen spielen in der Masse der Ergebnisse keine Rolle und werden nicht bevorzugt angezeigt.

Sentimente

Die Grafik zeigt 3 Boxplots, die jeweils die mediale Darstellung der Kanzlerkandidatin Annalena Bärbock sowie der Kanzlerkandidaten Armin Laschet und Olaf Scholz abbilden. Dabei kann ein Score von -1 (negativ) bis +1 (positiv) erreicht werden. Bei Annalena Baerbock liegt der Median bei 0,2, die zentralen 50% streuen von 0,0 bis 0,3. Das Maximum liegt bei 0,7, das Minimum bei -0,4. Ausreißerwerte finden sich bei 0,9, 0,8, -0,5, -0,6 und -0,8.  Bei Armin Laschet liegt der Median bei 0,1, die zentralen 50% streuen von 0,0bis 0,3. Das Maximum liegt bei 0,7, das Minimum bei -0,4. Ausreißerwerte finden sich bei 0,9, 0,8, -0,5, -0,6 und -0,8.   Bei Olaf Scholz liegt der Median bei 0,2, die zentralen 50% streuen von 0,0 bis 0,3. Das Maximum liegt bei 0,7, das Minimum bei -0,4. Ausreißerwerte finden sich bei 0,9, 0,8, -0,5, -0,6 und -0,8.

Von "THE LÄND" in die Welt

Zuletzt wollten wir wissen: Welche Rolle spielen baden-württembergische Medien bei den Google Schlagzeilen? Setzt man hierzu den Anteil der Quellen mit Baden-Württemberg-Bezug ins Verhältnis zur Gesamtanzahl an Quellen, die über den Beobachtungszeitraum hinweg Schlagzeilen geliefert haben, so liegt dieser bei knapp 23 Prozent. Bei der Bewertung dieser - auf den ersten Blick hoch erscheinenden - Zahl ist allerdings zu berücksichtigen, dass fast zwei Drittel der Suchbegriffe einen Bezug zu Baden-Württemberg aufweisen.

Dabei liefern einige der Baden-Württemberg-Quellen sehr hohe Anzahlen an Schlagzeilen, jedoch überwiegend zu Baden-Württemberg spezifischen Suchbegriffen. Suchanfragen zu bundesweit relevanten Begriffen ergaben hingegen keine regionale Perspektive, d.h. der Serverstandort, von dem aus die Anfrage gestellt wurde, führte zu keiner höheren Relevanz der entsprechenden regionalen und lokalen Quellen.

Anteil Schlagzeilen je Suchbegriff aus Quellen mit BW-Bezug an der Gesamtheit

Das Säulendiagramm zeigt den Anteil an Schlagzeilen aus Baden-Württemberg Quellen je Suchbegriff an der Gesamtheit. Der Anteil der Schlagzeilen aus Baden-Württemberg Quellen macht beim Suchbegriff Baden-Württemberg 6% aus, bei Karlsruhe 5,2%, Stuttgart 4,8%, Daimler 2,1%, Wolfgang Schäuble knapp 1%, Klimawandel ca. 0,8%, Alice Weidel und Bosch jeweils 0,5%, Saskia Esken, Koalition, Michel Theurer, Kanzlerkandidaten, Franziska Brantner, Olaf Scholz, Annalena Baerbock. Armin Laschet und Bernd Riexinger jeweils unter 0,5%.

Mehr Informationen gewünscht?

Alle Ergebnisse der von der Einheit ARAA (Automation, Robotics, Artificial Intelligence & Analytics) der Firma Atos im Auftrag der LFK durchgeführten Studie finden Sie im Studienbericht. Diesen können Sie nachfolgend kostenfrei herunterladen.

Studie zum Download (PDF)
Kontakt

Thomas Rathgeb
Landesanstalt für Kommunikation
Leiter Abteilung Medienkompetenz, Jugendschutz und Forschung
Tel.: 0711 66991-52
E-Mail: t.rathgeb@lfk.de

Auftraggeber

Studiendurchführung