201126_LFK3Jahresbericht2020

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Inhalt Vorwort Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der LFK Vorwort Dr. Wolfgang Epp, Vorsitzender des Medienrats 1 DIE LFK – Medienaufsicht im Wandel Über uns Neue Strategie erfordert neue Strukturen Dialog statt Monolog: Ein neuer Außenauftritt für die LFK Auf dem Weg zur digitalen Behörde 2 Zeitgemäße Regulierung Netzwerke und (inter-)nationale Zusammenarbeit Soziale Medien Austausch mit der Justiz Fake News & Hate Speech Medienaufsicht konkret: Ein Beispiel aus der Regulierungspraxis Ausblick: Aufsicht von morgen 3 Jugendmedienschutz Eine Herzensangelegenheit Gremien tragen Jugendschutz in die Breite der Gesellschaft Kooperation mit der Korean Communications Standards Commission (KCSC) 6 8 11 12 15 18 19 21 22 23 24 25 26 28 31 32 33 35 Gut vernetzt

April 2017 — April 2020 4 Strategische Mediekompetenzvermittlung Digitale Teilhabe Jugend & Digitales Games 5 Forschung Die Langzeitstudien KIM und JIM Sondererhebungen zu aktuellen Themenstellungen Der Web-TV-Monitor: Vom Newcomer zum Rising Star 6 Medienstandort BW Journalismusförderung – weil Content noch immer King ist Technik, die alle erreicht Regulierung, die vorausschaut Aus dem Ländle nach Deutschland und in die Welt 7 Stark im Verbund: Die bundesweite Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten Die Medienlandschaft von morgen gestalten (DLM) Bundesweite Maßstäbe setzen (ZAK) Jugendschutz in den Medien ist nicht verhandelbar (KJM) Resümee der Amtszeit als Vorsitzender der KJM Welche Angebote bestimmen die Meinung im Land (KEK) Die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) Ausblick auf den Vorsitz der DLM 8 Chronik Impressum 37 38 41 43 45 46 49 50 55 56 60 61 63 65 66 67 67 68 70 71 72 75 78 5

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Vorwort Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der LFK Liebe Leserinnen, liebe Leser, Medien sind eine der spannendsten Branchen der Welt. Sie unterhalten und informieren, sie lösen Emotionen aus, eröffnen uns neue Horizonte, bringen uns zum Lachen und manchmal auch zum Weinen. Und vor allem: Sie bilden unsere Meinung. Ich sehe die Digitalisierung dabei allerdings nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance für die Branche, die wir in eine erfolgreiche Zukunft führen und beim digitalen Wandel bestmöglich unterstützen wollen. Dafür haben wir in den er- sten drei Jahren meiner Amtszeit nicht nur neue Schwerpunkte hinsichtlich des Inhalts unserer Tätigkeiten gesetzt, sondern auch neue Wege für unsere Zusammenarbeit beschritten. Das macht die Medienregulierung vielleicht nicht zur wichtigsten Aufgabe unseres demokratischen Gemeinwesens – aber zu einer ganz wesentli- chen. Denn als Medienanstalt für Baden-Württem- berg setzen wir uns für eine vielfältige Medien- landschaft und Meinungsvielfalt im Land ein, aber auch darüber hinaus. Ich freue mich daher ganz besonders, dass ich ab dem 1. Januar 2020 zum Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Lan- desmedienanstalten gewählt wurde und wir als Landesanstalt für Kommunikation (LFK) nun auch aus dieser Funktion heraus wichtige Impulse für die Fortentwicklung der Medienregulierung in Deutschland setzen können. „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ Denn angesichts einer rasanten Veränderung der Medienlandschaft mit neuen Herausforderungen für die Regulierung muss sich auch die LFK verän- dern. Mein Ziel ist es, die LFK zu einer modernen Behörde fortzuentwickeln, bei der die Digitalisie- rung eine Selbstverständlichkeit ist und unsere Zusammenarbeit in der LFK einer modernen Ar- beitswelt Rechnung trägt. Wir müssen aber auch inhaltlich neue Arbeitsschwerpunkte setzen und neues Know-how aufbauen. Deshalb haben wir unsere Strukturen optimiert, um innerhalb un- Henry Ford Denn gerade neue Impulse sind in dieser Zeit des Umbruchs gefragt. Die ersten Wellen der Digitali- sierung sind über uns genauso hart hereingebro- chen wie über die gesamte Medienbranche. Die Art und Weise, wie Inhalte produziert und verbreitet werden, hat sich seit der Jahrtausend- wende ebenso entscheidend gewandelt wie die Mediennutzungsgewohnheiten, insbesondere der jüngeren Generation. Das erzeugt auch bei der Medienregulierung einen hohen Anpassungs- druck, um auch in Zukunft noch erfolgreich zu arbeiten. serer gewachsenen Aufgaben klare Prioritäten zu setzen, beispielsweise bei der Social-Media- Aufsicht, beim Aufbau von Expertise im Bereich der Plattform- und Intermediärsregulierung oder beim Jugendmedienschutz. Außerdem nimmt die Vermittlung von Medien- kompetenz einen zunehmend wichtigen Anteil an der Arbeit der LFK ein. Denn bestimmte medien- politische Regulierungsziele, wie der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor für sie ungeeigne- ten Inhalten oder das Sich-Erschließen einer meinungsvielfältigen Information, sind nicht mehr 6 6

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) allein auf regulatorischem Weg zu erreichen, son- dern erfordern in Verlängerung der Aufsicht ein hinreichendes Maß an Medienkompetenz. Phänomenen wie Desinformation oder Hassbot- schaften etwas entgegensetzen zu können, setzt nicht nur eine konsequente Rechtsdurchsetzung durch die zuständigen Behörden voraus, sondern eine fundierte Kenntnis über die Mechanismen und Wirkungsweisen im Netz seitens der Nutzerin- nen und Nutzer. Medienkompetenz rückt als Schlüsselqualifikation zur selbstbestimmten Teilha- be am digitalen gesellschaftlichen Diskurs mehr und mehr in das Zentrum. Es ist daher Anspruch und Auftrag der LFK, zentrale Medienkompeten- zangebote in die Fläche Baden-Württembergs zu tragen. Zusammen mit einem hervorragenden Team, en- gagierten Gremien und starken Partnerinnen und Partnern im Land und darüber hinaus haben wir in den vergangenen drei Jahren wichtige Grund- steine dafür gelegt, dem hohen Anspruch, den wir an uns selbst und andere an uns stellen, gerecht zu werden. Ihnen allen gebührt mein Dank: für Ihren unermüdlichen Einsatz, für das uns entge- gengebrachte Vertrauen und für die gemeinsame Vision einer digitalen Medienlandschaft Baden- Württembergs, die weiterhin eine tragende Säule für unsere demokratische Gesellschaft bleibt. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Ihr Dr. Wolfgang Kreißig Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) 7 7

Die LFK im Wandel Vorwort Dr. Wolfgang Epp, Vorsitzender des Medienrats samen Kinder- und Jugendmedienschutz sowie der Fokussierung unserer Medienkompetenzprojekte auf die Gruppe der Seniorinnen und Senioren so- wie Kinder und Jugendlichen haben wir unser Pro- fil in wichtigen Bereichen geschärft. Auch intern haben wir mit der strukturellen Neuausrichtung der LFK neue Maßstäbe in Sachen Agilität gesetzt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist dabei das gute Zusammenspiel zwischen Medienrat und dem Ma- nagement der LFK. Über seine zentrale Funktion, alle gesellschaftlichen Teilbereiche und Politik ver- schiedener Couleur abzubilden, leistet der Medien- „Die Fragen waren letztes Jahr dieselben, aber die Antworten haben sich verändert“, soll Albert Ein- stein einmal gesagt haben. Wie recht er hat. Wir blicken zurück auf ein Jahrzehnt der Verände- rungen. Änderungen gesellschafts-, wirtschafts- und medienpolitischer Art, ausgelöst von kom- merzieller und technischer Innovation, die weitrei- chende und nachhaltige Auswirkungen auf unse- ren Alltag, unser Miteinander und nicht zuletzt auch unser demokratisches Selbstverständnis haben. Viele der Fragen, mit denen wir uns in den vergan- genen drei Jahren auseinandergesetzt haben, mö- gen nicht neu sein – im „digitalen Kontext“ bekom- men sie jedoch eine ganz neue Dimension. Etwa wenn es darum geht, in welchem Ton wir als Ge- sellschaft miteinander sprechen. Seit 75 Jahren genießen wir die Freiheit, uns offen und kritisch zu äußern und legen zu Recht sehr hohe Maßstäbe an, wenn es darum geht, Grenzen für dieses Grundrecht zu bestimmen. Doch wenn Meinungs- freiheit zum Recht der Lauten und Pöbelnden wird, wenn wir uns nicht mehr trauen, eine Meinung zu äußern, weil uns Hass und Hetze online unter dem Mantel der Anonymität ungebremst und ungeahn- det entgegenschlagen – dann müssen wir die Fra- ge, was zulässige Meinungsfreiheit ist, neu bewer- ten. Neue Antworten auf alte Fragen finden wir dann, wenn wir uns selbst bewegen und eine neue Per- spektive einnehmen. Dies ist, auch bei Behörden, nur mit einem professionellen Management unter einer professionellen Führung möglich. Gemeinsam ist uns in den vergangenen drei Jahren viel gelungen. Mit einem klaren Bekenntnis zum dualen Rundfunk, der Forderung nach einem wirk- Dr. Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Reutlingen und Vorsitzender des Medienrates der LFK (Copyright: Thomas Kiehl) 8 8

April 2017 — April 2020 rat einen wichtigen Beitrag, gemeinsam mit dem Führungsteam und Vorstand der LFK, die Medien- landschaft im Land vielfältig und nachhaltig zu ge- stalten. Wir müssen Medienkompetenz schaffen. Sie ist al- tersunabhängig eine grundlegende Fähigkeit, ohne die Partizipation sowie ein aktives Leben in unse- rer Gesellschaft nur noch schwer möglich sind. Die Herausforderungen hierfür sind gewaltig. Der digitale Wandel wird zu weiteren massiven Umbrü- chen führen und wir werden mit einer neuen Me- dienregulierung schneller Antworten geben müs- sen als dies bisher der Fall war. Wir müssen die Bedeutung des privaten Rundfunks weiter hervorheben und sicherstellen, dass journa- listische Angebote auch im Digitalen refinanzierbar sind. Die Vielfalt unserer Medienlandschaft können wir nur bewahren, wenn die lokale und regionale Identität des Rundfunks nicht verloren geht. Und schließlich müssen wir darauf hinwirken, dass die Digitalisierung der Medien mit einem wirksa- men, praktikablen, zeitgemäßen und zukunftsfähi- gen Kinder- und Jugendmedienschutz einhergeht. Der Medienrat der LFK verfolgt diese Ziele und bringt sich künftig noch stärker in die gesellschaft- liche und medienpolitische Debatte ein. 9 9

Die LFK im Wandel DIE LFK – Medienaufsicht im Wandel Über uns Die Landesanstalt für Kommunikation (LFK) ist die Medienanstalt für Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart. Mit unserem etwa 30-köpfigen Team setzen wir uns seit knapp 35 Jahren täglich für den Medienstandort Baden-Württemberg sowie die freie Meinungsäußerung im Land ein. Wir kümmern uns um die Einhaltung medienrecht- licher Vorgaben – im Radio, Fernsehen und auch im Internet. Gleichzeitig fördern, forschen und engagieren wir uns in den Bereichen Medienkom- petenz, Jugendschutz und journalistische Aus- und Fortbildung. Die Arbeit der LFK wird zum überwiegenden Teil aus dem Rundfunkbeitrag finanziert. Wichtige Ent- scheidungen treffen unsere Gremien — Vorstand und Medienrat. Ihre Mitglieder repräsentieren un- terschiedlichste gesellschaftliche Gruppen und stel- len dadurch sicher, dass verschiedene gesellschaft- liche Meinungen in die Entscheidungsfindung mit einfließen. 1986 gegründet 30 Mitarbeiter 14 Landesmedienanstalten bundesweit 12 12

April 2017 — April 2020 Organisatorische Struktur Ausschuss Medienkonvergenz und Digitale Gesellschaft Vorstand Medienrat Medien- pädagogischer Ausschuss Verwaltung Dr. Wolfgang Kreißig Präsident und Vorsitzender des Vorstands Haushalts- ausschuss Stabsstelle für Strategie und Kommunikation Eva-Maria Sommer Pressesprecherin, Leiterin Stabsstelle für Strategie und Kommunikation Abteilung Zulassung, Auf- sicht und Verwaltung Abteilung Technik Abteilung Medienkom- petenz, Jugendschutz und Forschung Ingo Nave Stellvertreter des Präsidenten, Leiter Ab- teilung Zulassung, Auf- sicht und Verwaltung Walter Berner Leiter Abteilung Technik Thomas Rathgeb Leiter Abteilung Medienkompetenz, Jugendschutz und Forschung 13

Die LFK im Wandel In bundesweiten Angelegenheiten arbeiten wir als LFK eng mit den anderen 13 Landesmedienanstal- ten in Deutschland zusammen. So gelingt es, ein- heitliche Standards zu setzen, gemeinsames Know- how aufzubauen und zu nutzen und uns dadurch als Gemeinschaft stärker und effizienter aufzustel- len. Seit 1. Januar 2020 ist der Präsident der LFK, Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktoren- konferenz der 14 Landesmedienanstalten (DLM) sowie des zentralen Entscheidungsorgans der Lan- desmedienanstalten, der Kommission für Zulas- sung und Aufsicht (ZAK). Zuvor war er bereits zwei Jahre Vorsitzender der gemeinsamen Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Die bundesweite Zusammenarbeit ist auch auf- grund der deutlich gestiegenen Themenbreite und der Zunahme an bundesweit relevanten Fragestel- lungen – und damit der Zuständigkeiten der ZAK – von großer Wichtigkeit. Denn die Aufgaben der „klassischen“ Medienaufsicht werden zunehmend um neue Themenfelder wie der Rechtsdurchset- zung im Internet erweitert, beispielsweise bei der Intermediärs- und Plattformregulierung, der Werbe- regulierung bei YouTubern und Influencern, beim Jugendmedienschutz oder im Kampf gegen Desin- formation und Hassrede im Netz. So ist es eine echte Herausforderung, diese Zunah- me an Verantwortlichkeiten innerhalb der LFK ab- zubilden, nicht nur aufgrund der Masse an neuen Themen, sondern auch, weil die dahinter stehen- den technischen Abläufe immer komplexer wer- den. Als Medienanstalt des großen, wirtschaftlich starken Bundeslandes Baden-Württemberg ist es unser Anspruch und unsere Verantwortung, im Kreis der Landesmedienanstalten gerade auch bei den neuen Fragestellungen und Aufgaben eine füh- rende Rolle einzunehmen und diese mitzugestal- ten. Daher muss es das Ziel sein, gezielt neues Fachwissen aufzubauen und damit eine verlässli- che Aufsichtspraxis und neue Regulierungsansätze mitzuentwickeln – und das trotz der in den letzten Jahren stagnierenden oder gar rückläufigen Mitteln aus den Rundfunkbeiträgen. 14 14

April 2017 — April 2020 Neue Strategie erfordert neue Strukturen Um diesem Spannungsfeld Rechnung zu tragen, ist die LFK seit dem Amtsantritt von Dr. Wolfgang Krei- ßig am 1. April 2017 in einen tiefgreifenden stra- tegischen Veränderungsprozess eingetreten. Aufga- ben und Arbeitsweisen werden fortlaufend evalu- iert, mit dem Ziel, die LFK inhaltlich und struktu- rell weiterzuentwickeln und die Gesamtstrategie unseres Hauses kontinuierlich an die sich rasant verändernde Medienwelt anzupassen. Gemeinsam mit unseren Gremien haben wir zudem begonnen, zusätzlich zu konkreten Jahresplanungen auch län- gerfristige Prioritäten festzulegen. Neben einer bes- seren Messbarkeit und Transparenz unserer Arbeit haben sich die auf breiter Diskussion beruhenden Ergebnisse unserer strategischen Überlegungen auch als tragfähiger erwiesen und stärken uns als Einheit. Eine der ersten Weichenstellungen in diesem Veränderungsprozess war die Einrichtung einer „Stabsstelle für Strategie und Kommunikation“ als neue zentrale Organisationseinheit. Warum ist eine solche Einheit notwendig? Zur Bewältigung des breiten Aufgabenspektrums der LFK – von Medienpolitik, Regulierung und Auf- sicht über Technik zu Medienkompetenz und For- schung – haben wir viele Expertinnen und Exper- ten mit sehr unterschiedlichem Fachwissen im Haus. Durch die zunehmende Komplexität und Interdisziplinarität unserer Themen können Projek- te viele Berührungspunkte mit ganz unterschiedli- chen Fachgebieten haben. Die Forschung bietet wichtige Erkenntnisse für unsere Aufsichtstätigkeit oder zeigt medienpolitischen Handlungsbedarf auf. Ergebnisse der Programmbeobachtung münden nicht nur in aufsichtsrechtliche Verfahren, sondern werden von einer Aufklärungskampagne begleitet. Mit Projekten im Bereich Games können wir neue Kompetenzen, beispielsweise zur Funktionsweise von Intermediären, vermitteln und so wichtige neue Aufsichtsbereiche ergänzen. Die Digitalisierung der Hörfunklandschaft wirft wirtschaftliche, technische und rechtliche Frage- stellungen auf. Die Stabsstelle nimmt bei all die- sen Querschnittsaufgaben eine wichtige Koordi- nierungsfunktion wahr und führt die unterschied- lichen Arbeitsbereiche zusammen. Außerdem unterstützt die Stabsstelle die Abteilun- gen dabei, alle Maßnahmen konsequent auf die Gesamtstrategie des Hauses auszurichten. Dabei werden unsere Schwerpunkt-Themen in Abstim- mung mit den Gremien jährlich flexibel auf Ent- wicklungen in der Branche angepasst und weiter- entwickelt. Neben dieser strategischen und koordinierenden Funktion ist die Stabsstelle für die Presse-, Veran- staltungs- und Öffentlichkeitsarbeit der LFK zu- ständig. 15 15

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Die Rolle der Stabsstelle im Neustrukturierungsprozess der LFK Eva-Maria Sommer Pressesprecherin und Leiterin der Stabsstelle für Strategie und Kommunikation (LFK) „Unsere Arbeit ist ein wenig wie ein großes Puzz- le zusammenzusetzen. Das braucht oftmals viel Durchhaltevermögen, denn nicht immer passen alle Teile gleich zueinander. Umso wichtiger ist es, die Vision davon, wie das Gesamtbild ausse- hen soll, nicht aus den Augen zu verlieren. Nur wenn alle Teile am Ende miteinander harmonie- ren, entsteht ein beeindruckendes Ergebnis. Wir arbeiten in einem extrem dynamischen Um- feld, bei dem sich technikgetrieben sehr viel Inno- vation abspielt – das wirkt sich nicht nur darauf aus, wie wir LFK-intern zusammenarbeiten, son- dern auch auf die Anforderungen, welche die uns gesetzlich übertragenen Aufgaben an uns stellen. Wir müssen uns immer wieder fragen: Wie kön- nen wir unser Ziel einer vielfältigen Medienland- schaft am besten sicherstellen? Hierzu ein Bei- spiel: Das Angebot an medialen Inhalten hat sich in den letzten 15 Jahren vervielfacht und ihre Nut- zung stark verändert. Netflix, Spotify, Alexa, Tik- Tok – all diese Dienste gab es damals so noch nicht. Nun aber müssen wir allerhand Fragen beant- worten: Welche Auswirkung haben diese Dienste auf den Medienkonsum und wie können wir re- gulatorisch mit ihnen umgehen? Dafür benötigen wir neue Kompetenzen – nicht nur im Sinne einer rechtlichen Ermächtigungsgrundlage, wie sie der Medienstaatsvertrag uns ab Herbst bringt, son- dern auch hinsichtlich unseres eigenen Könnens. War Wissen zu Algorithmen, KI oder sozialen Me- dien früher noch nicht besonders relevant, ist es für unsere Arbeit heute beinahe unverzichtbar. Mit diesen Entwicklungen als Individuum und Or- ganisation Schritt zu halten, ist eine große Her- ausforderung. Das Team dabei zu unterstützen, sich selbst und uns als Einheit immer wieder zu hinterfragen und zu verbessern, ist die Quintes- senz unseres derzeitigen Veränderungsprozesses und für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine große Herausforderung. Aber genau diese Dyna- mik macht unsere Arbeit auch so spannend, denn wir können unglaublich viel gestalten und bewir- ken.“ Eva-Maria Sommer 16 16 Die LFK im Wandel

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 Erstmals seit vielen Jahren wurden im Rahmen un- serer Umstrukturierung nicht nur die Organisation und die Arbeitsstrukturen der LFK grundlegend angepasst. Es wurden zudem neue Planstellen ge- schaffen, um in zentralen Zukunftsbereichen ver- stärkt proaktiv inhaltliche Schwerpunkte setzen zu können. Ein Beispiel hierfür stellt der Bereich Telemedien- aufsicht dar, der mit dem neuen Medienstaatsver- trag noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Hier wurde die Programmbeobachtung in den Sek- toren Radio und TV grundlegend reformiert und um ein systematisches Monitoring von Social Me- dia Angeboten aus Baden-Württemberg erweitert. Neben der Unterstützung im Bereich der studen- tischen Hilfskräfte wurde hierzu eine zusätzliche Sachbearbeiter-Stelle geschaffen, um die stark zunehmende Zahl gemeldeter und durch die LFK selbst entdeckter Verstöße zeitnah bearbeiten zu können. Die Programmbeobachtung Natascha Kresojevic Recht, Telemedien und Aufsicht (LFK) „Die Programmbeobachtung wurde im Frühjahr 2019 im Rahmen einer internen Umstrukturierung in die Aufsichtsabteilung der LFK verlagert. Als Rechtsfachwirtin kümmere ich mich um die einge- henden Beschwerden im Bereich Telemedien und die organisatorischen Abläufe der Programmbeob- achtung. Ein möglichst enger, regelmäßiger Aus- tausch der Kolleginnen und Kollegen, welche die Social Media Angebote analysieren und den Exper- tinnen und Experten für rechtliche Fragestellungen ist dabei besonders wichtig. So können wir Proble- me zeitnah diskutieren und gemeinsam die näch- sten Schritte besprechen. Häufen sich beispielswei- se bestimmte Verstöße gegen Impressums- oder Werbekennzeichnungspflichten, können wir neben den konkreten Verfahren auch direkt über eine ver- stärkte Aufklärungskampagne nachsteuern – damit es gar nicht erst zu weiteren Verstößen kommt. Die Anzahl an Beschwerden im Telemedienbereich ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Sie lag 2017 noch bei unter 50 – für das Jahr 2020 rech- nen wir bereits mit mehr als 200. Dieser starke Zuwachs erklärt sich dadurch, dass die Beschwer- den vermehrt Inhalte auf Social-Media-Angeboten betreffen. Hierbei ist die proaktive Ermittlungsar- beit höchst aufwändig und kleinteilig, was effizien- te Abläufe innerhalb der LFK erforderlich macht. In Zukunft wird die LFK ihre Zuständigkeit für Tele- medien konsequent nach außen kommunizieren, um somit eine stärkere Sensibilisierung für diesen Bereich der Regulierung zu erzielen. Mit der Neuausrichtung wollten wir uns daher wei- ter professionalisieren. Durch eine Verschlankung der Prozesse, flächendeckendes mobiles Arbeiten in der Programmbeobachtung und ein neues Mo- nitoring-System für Social-Media-Angebote sind wir im vergangenen Jahr schon ein ganzes Stück vorangekommen. Es ist ein sehr motivierendes Ergebnis für mich, zu sehen, wieviel wir in der kurzen Zeit bereits erreicht haben.“ Natascha Kresojevic 17 17

Die LFK im Wandel Dialog statt Monolog: Ein neuer Außenauftritt für die LFK Zu einer modernen Behörde gehört ein moderner Außenauftritt. Im Mittelpunkt steht dabei der Dia- log mit all unseren Zielgruppen. Um diesen Dialog anzuregen und zu ermöglichen, braucht es neben geeigneten Präsenz- und Online-Veranstaltungsfor- maten die richtigen (digitalen) Kanäle, interessante Themen und eine zielgruppengerechte Aufberei- tung. Mit einer technisch doch etwas in die Jahre gekom- menen Homepage und einem starken Fokus auf Pressearbeit waren diese Ziele nicht mehr zu errei- chen. Daher hat die LFK in den letzten zwei Jahren zwei Großprojekte in der Öffentlichkeitsarbeit initi- iert. Zunächst wurde das Corporate Design zum 15. Januar 2020 neu aufgelegt. In einem zweiten Schritt wird die Website der LFK bis zum Dritten Quartal 2020 einen vollumfänglichen Relaunch erfahren. Unsere Pressearbeit haben wir durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit ergänzt und beschlossen, die neue Homepage als Dreh- und Angelpunkt aller Kommunikationsmaßnahmen unseres Hauses zu etablieren. Neben Text- und Bildelementen können künftig auch multimediale Elemente wie Audio- oder Video-Content sowie dynamischere tagesaktu- elle Formate wie Blogbeiträge ermöglicht werden. Regelmäßige Inhaltsupdates und News sowie ein neu aufgelegter Newsletter zu aktuellen Medien-, Regulierungs- und Medienkompetenz-Themen und -Veranstaltungen sollen dazu anregen, die LFK auch als Enabler und nicht ausschließlich als Auf- sichtsbehörde wahrzunehmen. Hierzu sollen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LFK selbst als direkte, nahbare Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in Erscheinung treten. Mit der Neugestaltung aller Kommunikationsmittel der LFK im Rahmen eines umfassenden Relaunchs unseres Corporate Designs wurde der Weg hin zum Dialog auch in der gewählten Gestaltungslinie auf- gegriffen. Ein Doppelpunkt symbolisiert die Bereit- schaft zum Austausch, ein neuer Slogan („Die Me- dienanstalt für Baden-Württemberg“) unterstreicht unseren Einsatz für den Medienstandort Baden- Württemberg und für Meinungsfreiheit. Diese klare Positionierung findet sich in allen digitalen und analogen Erzeugnissen der LFK wieder. LFK-Logo bis 2019: Neues Logo der LFK ab 2020: 18 18

April 2017 — April 2020 Auf dem Weg zur digitalen Behörde Um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu befähigen, die Chance von Veränderung zu erken- nen und für sich zu nutzen, unterstützen wir sie mit individuellen Arbeitslösungen und durch agile Entscheidungsprozesse. Ausgehend von bereits seit vielen Jahren etablier- ten flexiblen Arbeitszeitregelungen sind wir Anfang 2019 einen weiteren Schritt gegangen und ermög- lichen seither auch mobiles Arbeiten. So möchten wir den zahlreichen unterschiedlichen Lebenssitua- tionen und Arbeitsgewohnheiten innerhalb unse- res Teams bestmöglich gerecht werden und schritt- weise flexibleres, ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen. Damit sind wir auf die veränderte Ar- beitssituation, die sich seit Ende März 2020 mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie andeutet, be- reits gut vorbereitet. Um diese Einzelmaßnahmen in einem nachhaltigen Prozess zu bündeln und sy- stematisch an unserem Ziel einer modernen, ar- beitnehmerorientierten Behörde zu arbeiten, stre- ben wir außerdem ein Zertifizierungsverfahren „Audit Beruf und Familie“ an. Parallel dazu arbeiten wir an der Digitalisierung unserer Abläufe. In einem ersten Schritt wurde un- sere Gremienarbeit digitalisiert. So erfolgt die Vor- und Nachbereitung aller Gremiensitzungen und auch der Ausschüsse heute weitestgehend papier- frei. Auch Abläufe im Bereich der inneren Verwal- tung der LFK wurden vollständig digitalisiert und papierlose digitale Prozesse etabliert. Die Digitalisierung geht dabei konsequent einher mit dem Ziel der Nachhaltigkeit. Bereits jetzt konn- ten durch diese und weitere Maßnahmen der Pa- pier- und Energieverbrauch unseres Hauses signifi- kant gesenkt werden. Darüber hinaus unterstützen wir die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ei- nen monatlichen Zuschuss zum Abonnement und im Falle notwendiger Dienstreisen mit dem Flug- zeug kompensieren wir die CO2-Emissionen durch einen Ausgleichsbeitrag zur Unterstützung nachhal- tiger Projekte. 19 19

Die LFK im Wandel Zeitgemäße Regulierung Schon seit einigen Jahren befindet sich die Medienbranche durch die fortschreitende Digitalisierung in einer Umbruchphase. Langjährige Geschäftsmodelle laufen aus, neue entstehen — ganze Medien- gattungen müssen sich neu erfinden. Klar ist, dass sich bei einer solch grundlegenden Veränderung der Branche auch die LFK als zuständige Regulierungsbehörde mit verändern muss. Dabei setzen wir auf Aufsicht durch Dialog. Es ist unserer Meinung nach für eine zeitgemäße Regu- lierungsarbeit im Medienbereich essentiell, im Ge- spräch mit allen Akteuren zu bleiben. Angesichts immer komplexer werdender wirtschaftlicher und technischer Zusammenhänge ist es unsere Aufga- be, der Branche zuzuhören, sie zu verstehen und dadurch bessere Regulierungsentscheidungen zu treffen. Wo nötig gehört es ebenfalls zu unserem Aufgabenspektrum, Aufklärung auf Augenhöhe zu betreiben und Vorbehalte abzubauen. Das betrifft gerade auch die in Baden-Württemberg stark ver- tretene Gruppe neuer Medienakteure wie Content- Creator oder Influencer, die mit ihren Posts auf So- cial Media Plattformen wie Instagram, TikTok, Twitch oder YouTube mittlerweile ebenfalls einen ernst zu nehmenden Beitrag zu unserer vielfältigen Medienlandschaft leisten. Und nicht zuletzt setzt unsere Aufklärung auch bei der größten Gruppe an – den Mediennutzerinnen und Mediennutzern selbst. Wenn sie – und insbe- sondere sensible Gruppen wie Seniorinnen und Senioren oder auch Kinder und Jugendliche – die nötige Medienkompetenz mitbringen, können ihnen „neue“ Phänomene unserer Zeit wie Hass im Netz (Hate Speech) oder Falschinformationen (Fake News) weniger anhaben. Deshalb engagiert sich die LFK schwerpunktmäßig in diesen Bereichen in zahlreichen Projekten und Initiativen. Netzwerke und (inter-)nationale Zusammenarbeit Zur Erfüllung unserer Aufgaben sind wir auf funk- tionierende Kooperationen mit starken Partnern angewiesen. Wir sind überzeugt: Auch Aufsichtsbe- hörden wie die LFK müssen lernen, noch stärker in Netzwerken zu denken. Vor dem Hintergrund der zunehmenden — auch internationalen — Verflech- tungen im Medienbereich und Global Playern wie Google, Amazon und Facebook ist es essentiell, über den Tellerrand hinaus zu schauen und auch von Erkenntnissen und Erfahrungen sowie Best- Practice-Ansätzen auf europäischer und interna- tionaler Ebene zu profitieren. Mit der Übernahme des KJM- und später des DLM- Vorsitzes hat die LFK daher ganz bewusst auch in der Gemeinschaft der Landesmedienanstalten Verantwortung übernommen und möchte länder- übergreifend Medienregulierungsthemen gestalten und voranbringen. Insbesondere während der Ver- handlungen um den neuen — lang herbeigesehnten — Medienstaatsvertrag und aktuell bei der Überfüh- rung der Vorschriften in eine zeitgemäße Regulie- rungspraxis ist diese enge Zusammenarbeit aller Häuser in zahlreichen länderübergreifenden Ar- beitsgruppen unverzichtbar. Mehr Informationen zu den bundesweiten Aufga- ben und Schwerpunkten der Landesmedienanstal- ten finden Sie in Kapitel 7 „Stark im Verbund: Die bundesweite Zusammenarbeit der Landes- medienanstalten“. 22

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 Soziale Medien Leitfaden Impressumspflicht & Leitfaden zu Werbekennzeichnung bei Social Media-Angeboten der Medienanstalten zuständig. So sind die meisten Anbieter von Web- sites, Blogs oder Social Media-Profilen dazu ver- pflichtet, Angaben zu machen, wer die Verant- wortung für die Inhalte trägt. Grund dafür ist der Schutz der Userinnen und User – diese sollen sich ein verlässliches Bild vom Anbieter machen kön- nen. Die LFK kontrolliert die Einhaltung dieser rechtlichen Vorgaben. Neben der Aufforderung zur Überarbeitung der Angebote steht uns auch die Möglichkeit offen, Bußgelder zu verhängen. Damit es soweit nicht kommt, haben wir einen Leitfaden zur Impressumspflicht im Internet ent- wickelt. Hier wird ausführlich und übersichtlich dargestellt, warum es ein Impressum braucht, für wen die Impressumspflicht gilt, wo dieses auf der Seite platziert und welche Angaben es enthalten muss. Auch über mögliche Konsequenzen bei Ver- stößen gegen die Impressumspflicht klärt der Leitfaden auf. Die LFK ist neben der Regulierung des privaten Radios und Fernsehens aus Baden-Württemberg auch für die Aufsicht über Telemedienangebote zuständig. Dies können zum Beispiel Podcast-Bei- träge, Blog-Artikel oder Posts auf Instagram oder anderen Social Media-Plattformen sein. Auch wenn die Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag ursprünglich für Radio und Fernsehen festgesetzt wurden, so lassen sie sich doch meist sinnvoll auf Angebote im Internet übertragen. Die zentralen Grundsätze wie die klare Erkennbarkeit von Wer- bung oder die Trennung von redaktionellem In- halt und Werbung gelten somit auch hier und müssen von den Medienschaffenden beachtet werden. Als Orientierungshilfe hat die LFK ge- meinsam mit den anderen Landesmedienanstal- ten einen Leitfaden zur Werbekennzeichnung bei Social Media-Ange- boten entwickelt, wel- cher den Akteuren wertvolle Hilfestellun- gen und Antworten auf die wichtigsten Fragen bietet – damit es erst gar nicht zum Verstoß kommt. Auch für die Kon- trolle über die Einhaltung der Impressums- pflicht im Inter- net ist die LFK Abbildung: „Leitfaden der Medienanstalten: Werbekennzeichnung bei Social-Media-Angeboten” 23 23

Die LFK im Wandel Austausch mit der Justiz Neben den Akteuren der Medienbranche sucht die LFK auch den Austausch mit anderen Behörden wie etwa mit Staatsanwaltschaften und Richterin- nen und Richtern. Hierbei geht es zum einen dar- um, Schnittstellen unserer jeweiligen Tätigkeiten, bspw. zwischen Strafrecht und Jugendmedien- schutz, ins Bewusstsein zu rücken. Zum anderen geht es darum, auf eine einheitliche Rechtsauffas- sung aktueller Regulierungsthemen hinzuwirken oder für Probleme zu sensibilisieren — insbesonde- re im „relativ neuen“ Rechtsbereich der Social Me- dia-Aufsicht. Ziel der Bemühungen ist es, perspek- tivisch Rechtsklarheit für alle Beteiligten zu schaffen. Für Medienschaffende, Werbetreibende, Nutzerinnen und Nutzer und Richterinnen und Richter gleichermaßen. Denn in den letzten Jahren deuten Urteile nicht selten in unterschiedliche Richtungen, wobei insbesondere wettbewerbs- und medienrechtliche Sichtweisen kollidieren. Insbesondere die Frage, welche Posts von Content Creators/Influencern auf Social Media-Plattformen wie Instagram als Werbung gekennzeichnet wer- den müssen, steht in jüngster Zeit immer wieder im Mittelpunkt der Debatte. So warb der Stellvertretende Präsident der LFK In- go Nave in einem Vortrag im Rahmen einer Tagung an der Deutschen Richterakademie in Wustrau am 3. Dezember 2019 mit dem Titel „Die Werbekenn- zeichnung bei YouTubern und Influencern im Span- nungsfeld zwischen Wettbewerbs- und Medien- recht“ für eine klare Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung, warnte zugleich jedoch vor einer Überkennzeichnung. Diese ergibt sich, wenn beispielsweise in „vorauseilendem Gehorsam“ und aus Angst vor möglichen Sanktionen alle Posts mit dem Hashtag „werbung“ versehen werden. Die Fol- ge ist ein Bedeutungsverlust der Kennzeichnung als solches und damit einhergehend der Verlust klarer Informationen für die Nutzerinnen und Nutzer. 24 24

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 Fake News & Hate Speech Falschinformationen (Fake News) und Hassrede (Hate Speech) sind mehr als nur vielbemühte Buzzwords der heutigen Zeit. Beides sind ernst- zunehmende Probleme mit weitreichenden ge- sellschaftlichen Folgen. Umso wichtiger ist es, als Landesmedienanstalten bei diesen Themen nicht wegzuschauen, selbst wenn sie unsere Kern- Zuständigkeit je nach Fall nur tangieren. Mit einem klaren Statement hat sich der Medien- rat in seiner Sitzung vom 21. Oktober 2019 ge- gen Hass und Hetze im Netz positioniert und ei- nen respektvollen Umgang und Umgangston im gesellschaftlichen Diskurs angemahnt. Hinter- grund war ein Beschluss des Berliner Landgerichts im Verfahren Renate Künast gegen Facebook vom 9. September 2019, wonach sich die Politikerin massive Beschimpfungen gefallen lassen müsse. Die LFK unterstützt besonders risikoaffine Grup- pen wie Jugendliche beim kompetenten Umgang mit digitalen Medien, weist auf Probleme hin und engagiert sich für ein vereinfachtes Anzeigeverfah- ren, damit Hass und Hetze online schneller ver- folgt werden können. Daneben setzen wir auch bei diesem Thema auf Vernetzung. So fand auf Initiative der LFK unter anderem am 5. Juli 2018 eine gemeinsame Sit- zung des Medienrats der LFK mit dem SWR Lan- desrundfunkrat Baden-Württemberg zu den The- men Medienkompetenz und Jugendschutz statt. Außerdem diskutierten die Ausschüsse von LFK und der rheinland-pfälzischen Landesmedienan- stalt bei einer gemeinsamen Sitzung in Mann- heim am 2. März 2020 Lösungsansätze und Pro- jektbeispiele für aktuelle Herausforderungen in „Eine starke Demokratie braucht Meinungsfreiheit, aber ebenso einen respekt- vollen Umgang und Umgangston miteinander. Hass und Hetze muss daher klar die Stirn geboten werden.“ Dr. Wolfgang Epp, Vorsitzender des Medienrats der LFK Das Urteil wurde später vom Berliner Kammer- gericht revidiert. Somit war der Fall Künast ein Anlass aber mit- nichten ein Einzelfall: Laut Jugendschutz- und Medienkompetenzbericht 2019 der Landesme- dienanstalten sehen sich ganze 78 Prozent der Bevölkerung mit Hate Speech konfrontiert. Insbesondere die junge Generation der 14- bis 24-Jährigen ist überdurchschnittlich häufig be- troffen (96 %). den Bereichen Jugendmedienschutz und Medien- kompetenz. Insbesondere der Austausch und die Kooperation der Landesmedienanstalten zu Initia- tiven und Medienkompetenzprojekten gegen Hassrede und Bedrohungen im Netz stand dabei im Mittelpunkt. 25 25

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Medienaufsicht konkret: Ein Beispiel aus der Regulierungspraxis Ein Interview mit Ingo Nave Stellvertreter des Präsidenten, Leiter Abteilung Zulassung, Aufsicht und Verwaltung (LFK) LFK : Herr Nave, eine der zentralen Aufgaben der LFK ist die Zulassung und Aufsicht über den pri- vaten Rundfunk in Baden-Württemberg. Was ist das Spannende an dieser Arbeit? Nave: Die Bandbreite an Regulierungsthemen war schon immer sehr groß und durch die Digitalisie- rung kommen stets neue Aufgaben auf uns zu. Die Aufsicht über Telemedienangebote mit allen neuen Playern bis hin zu den Influencern auf Social Me- dia-Plattformen wie YouTube und Instagram bildet zunehmend das Zentrum unserer Arbeit. Die Me- dienlandschaft weist eine hohe Dynamik auf und es ist spannend, aber auch herausfordernd, diesen Wandel aus Sicht der Aufsicht zu begleiten und durch die Formulierung und Kontrolle der Spielre- geln mitzugestalten. LFK : Fällt Ihnen ein besonders interessanter Fall aus der Praxis der Medienaufsicht ein? Nave: Ja, zwischen 2017 und 2019 haben wir uns intensiv mit dem in Baden-Württemberg zuge- lassenen privaten TV-Sender „Family TV” sowie dessen damaligen Geschäftsführer beschäftigen müssen. Wegen wiederholten Verstößen gegen medienrechtliche Bestimmungen mussten wir letztendlich die Zulassung für den Sender wider- rufen – so etwas hatte es in Baden-Württemberg zuvor lange nicht gegeben. LFK : Was ist genau vorgefallen? Nave: Kurz gesagt, machte der Sender bundesweit Programm, ohne die Rechte für die Inhalte erwor- ben zu haben. Neben Hollywood-Filmen und Seri- en wurden dabei in vielen Fällen auch hochwertig- ste Dokumentarfilme ausgestrahlt, Vorspann und Abspann weggeschnitten und das Ganze als Eigen- produktion ausgewiesen. Wir haben sofort ein Verfahren gegen „Family TV” eingeleitet. Der Sen- der versuchte in der Folge, uns mit einer Vielzahl mutmaßlich gefälschter Verträge und E-Mails an- geblicher Senderechteinhaber zu täuschen. Letzt- lich haben wir dann den Widerruf der Lizenz we- 26 26

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 Nave: Es zeigt sich einmal mehr, dass behördliches Handeln und gerichtliche Entscheidungen, die zu Recht auf der Basis strenger rechtsstaatlicher Erfor- dernisse in einem definierten Verwaltungsverfah- ren getroffen werden und damit Zeit benötigen, auf den ersten Metern gegenüber einer Person, die sich konsequent außerhalb der Rechtsordnung be- wegt, nicht mithalten können. Am Ende zahlt sich konsequentes und rechtmäßiges Verwaltungshan- deln in der Aufsicht aber immer aus. Unbefriedi- gend bleibt, dass gerade durch die zeitliche Verzö- gerung im Gerichtsverfahren eine hohe Anzahl von Geschädigten zu beklagen war. gen Unzuverlässigkeit der handelnden Personen erklärt und auch Strafanzeige gestellt. LFK : Und deshalb musste „Family TV” den Sendebetrieb einstellen? Nave: Ganz so einfach war es leider nicht. Nach- dem die LFK im Juli 2017 die Zulassung des Sen- ders „Family TV” widerrufen hatte, reichte dieser beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen das Verfahren ein. Trotz der Anordnung, sofort den Sendebetrieb einzustellen, machte „Family TV” auch noch während des Verwaltungsgerichtsver- fahrens lange Zeit weiter wie bisher. LFK : Wie ist die Sache letztendlich ausgegangen? Nave: Der Inhaber von „Family TV” wurde Anfang 2019 im Rahmen eines Strafprozesses, der unter anderem auf der Anzeige der LFK beruhte, aber auch wegen anderer gravierender Delikte, zu einer recht hohen Freiheitsstrafe verurteilt. Nur weil er alle Delikte vollumfänglich gestand und sich bereit erklärte, den Sendebetrieb einzustellen, konnte die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Mit der Rücknahme der Klage war der Widerruf dann voll- zogen. LFK : Was kann man aus diesem Fall lernen? Ingo Nave 27 27

Die LFK im Wandel Ausblick: Raus aus dem Goldfischglas — warum der Blick über den Horizont des klassischen Rundfunks hinaus so wichtig ist Die Mediennutzung hat sich stark verändert und mit ihr diejenigen Akteure, die über den Zugang zu Medien entscheiden. Mediennutzerinnen und Me- diennutzer sitzen durchaus auch heutzutage noch auf dem Sofa mit der Fernbedienung in der Hand und zappen uns durch das TV-Programm. Etwa zwei Drittel der Videonutzungszeit pro Tag entfällt laut ARD/ZDF-Massenkommunikation-Studie 2019 auf lineares Fernsehen. Die Tendenz ist allerdings sinkend. Bei den Jüngeren (14 — 29 Jahre) entfällt bereits die Hälfte der Videonutzungszeit auf nicht- lineare Wege wie Video-Streamingdienste oder YouTube. Die Ergebnisse zeigen: Immer öfter rufen gerade jüngere Menschen Alexa zu „was sind die aktuel- len Nachrichten?“, suchen auf YouTube nach Vi- deoinhalten oder stöbern in den Apps direkt auf dem modernen Smart-TV nach Videos. Wer aber entscheidet darüber, was für Inhalte dort angezeigt werden, und nach welchen Kriterien passiert das überhaupt? Haben alle Inhalteanbieter, ob klein oder groß, eine faire Chance, dort aufgefunden zu werden? Das sind nur einige der Fragen, die uns immer stärker beschäftigen — und die in jeder Hinsicht eine große Herausforderung darstellen. Zum einen rechtlich. Der Rundfunkstaatsvertrag, der seit Jahren das Kernstück der Rundfunk- regulierung in Deutschland darstellt, konnte mit diesen Entwicklungen nicht Schritt halten — und trifft zu diesen Akteuren daher kaum Regelungen. Zum anderen sind die hinter diesen Diensten lie- genden technischen Abläufe teilweise hochkom- plex; es bedarf daher spezifischer Kenntnisse, um die Systematik eines Angebots zu verstehen — und um nachzuvollziehen, ob möglicherweise Kriterien zur Anwendung kommen, die einzelne Angebote auf unzulässige Weise bevorzugen oder auf die hinteren Plätze verweisen, wo sie de facto kaum aufzufinden sind. In der LFK haben wir 2019 daher eine Stelle neu besetzt, die sich gezielt mit juristischen Fragestel- lungen an der Schnittstelle zu technologischen Entwicklungen auseinandersetzt. 28 28

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 rund um algorithmenbasierte Dienste stellen. Denn Algorithmen, also spezifische Vorgaben, nach wel- chen Kriterien etwa Nutzeranfragen nach „aktuel- len News“ oder anderen Inhalten beantwortet wer- den, sind fast immer das Kernstück digitaler Medienintermediäre. Neben einer engen Abstim- mung mit den Kollegen der Abteilung Technik ist daher ebenso wichtig, den Austausch und die Un- terstützung in der Wissenschaft zu suchen. Um uns der Beantwortung dieser Fragen zu nähern und den Weg für eine evidenzbasierte Aufsicht zu berei- ten, haben wir bereits erste Forschungsprojekte geplant. Der neue Medienstaatsvertrag sieht daneben auch im Bereich der Medienplattformen neue Aufsichts- aufgaben für die Landesmedienanstalten vor: So soll die Plattformregulierung auf Benutzeroberflä- chen und damit erstmals auch auf deren Anbieter, insbesondere Smart-TV- und Smart-Speaker-Her- steller, erweitert werden. Besonders im Bereich der neuen Medienintermedi- ärsregulierung wird in den kommenden Jahren viel Dynamik herrschen: Die Aufsichtsarbeit muss da- bei auch auf die technische Weiterentwicklungen der Dienste reagieren und deshalb regelmäßig auf ihre Aktualität und Eignung hin überprüft werden. Auf diese spannende Aufgabe freue ich mich sehr.“ Neue Aufsichtsaufgaben Julia Jeske Recht, Medienpolitik und Datenschutz (LFK) „Es gibt über 16 Millionen Websites allein mit der Endung „.de”. Auf YouTube werden pro Minute 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Zwangs- läufig können sich die Nutzerinnen und Nutzer al- so nicht durch alle Websites oder Videos durchklik- ken, bis sie gefunden haben, was sie suchen. Hilfe bieten meist Suchmaschinen oder Sortierfunktio- nen, die Inhalte nach bestimmten Schlagwörtern oder Kategorien bündeln. Doch wie funktionieren diese Dienste eigentlich? Wie wird entschieden, welche Sendung ich auf meine Suchanfrage „aktuelle Nachrichten“ an er- ster Stelle angezeigt bekomme – und welche viel- leicht gar nicht? Um den Userinnen und Usern eine souveräne Nutzung dieser Dienste zu ermöglichen und eine Vielfalt an Inhalten sicherzustellen, sieht der Entwurf zum neuen Medienstaatsvertrag Trans- parenzvorgaben und ein Diskriminierungsverbot für diese Dienste, sogenannte Medienintermediäre, vor. Als juristische Referentin bereite ich die künftige Aufsichtsarbeit in diesem Bereich vor. Nachdem für die betreffenden Dienste bundesweit dieselben Vor- gaben gelten werden, ist dabei die Zusammenar- beit mit den Kolleginnen und Kollegen aus den an- deren Landesmedienanstalten besonders wichtig. Ein erster spannender Schritt nach dem Inkrafttre- ten des Medienstaatsvertrags wird zunächst die Er- arbeitung von Satzungen sein, die den Landesme- dienanstalten obliegt. Deshalb freue ich mich besonders darüber, Mitglied der Arbeitsgruppe zu sein, die eine Satzung für die Medienintermediärs- regulierung erarbeiten wird und damit diese völlig neue Aufsichtspraxis von Beginn an mitgestalten zu dürfen. Nachdem die Landesmedienanstalten mit der neu hinzukommenden Medienintermediärsregulierung aufsichtsrechtliches Neuland betreten, wird sich uns auch eine Vielzahl von technischen Fragen Julia Jeske 29 29

Die LFK im Wandel Jugendmedienschutz Eine Herzensangelegenheit Jugendmedienschutz ist ein zentrales Aufgabenfeld der LFK, ebenso wie für die Gemeinschaft der Landesmedienanstalten, die ihre Tätigkeiten in der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bün- deln. In ihrer Sitzung im Dezember 2017 wählte die KJM Dr. Wolfgang Kreißig zu ihrem neuen Vor- sitzenden. Damit war das Thema Jugendmedienschutz in der Arbeit der LFK in den vergangenen Jahren ein besonders wichtiger Schwerpunkt. „Jugendschutz ist für mich mehr als nur eine Auf- gabe: Es ist eine Herzensangelegenheit. Wir haben das Glück, in einem offenen Land zu leben, in dem Meinungsfreiheit nach wie vor eines der höchsten Güter ist. Zugleich bin ich als dreifacher Vater froh, dass in Deutschland vergleichbar hohe Jugend- schutzstandards gelten. Allerdings sehen wir gera- de auch im Jugendschutz, dass es mit den rasant fortschreitenden technischen Möglichkeiten immer schwieriger wird, gesetzgeberische Zielsetzungen auch effektiv in der Praxis umzusetzen. Ich habe mich daher sehr gefreut, als mir bereits wenige Monate nach meinem Amtsantritt als Präsi- dent der LFK der Vorsitz der KJM übertragen wur- de. Diese verantwortungsvolle und herausfordern- de Funktion durfte ich von Januar 2018 bis zu meinem Wechsel an die Spitze der DLM im Januar Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der LFK (Copyright: Jens Jeske) 32 2020 bekleiden. Dadurch haben sich viele Mög- lichkeiten eröffnet, mich gemeinsam mit einem starken Team in der LFK und in der gemeinsamen Geschäftsstelle der Landesmedienanstalten in Ber- lin sowie mit den Mitgliedern der KJM in einen in- tensiven Austausch mit der Branche zu begeben und mich für einen zeitgemäßen und durchset- zungsstarken Jugendschutz in Deutschland einzu- setzen. Wenn ich von der Diskrepanz zwischen gesetzge- berischen Zielen und Praxis spreche, dann lag mir von Beginn an ein ganz wesentlicher Aspekt be- sonders am Herzen: der technische Jugendmedien- schutz. Dieser bietet unglaublich viele Möglichkei- ten, um ungeeignete oder schädliche Inhalte von unseren Kindern fernzuhalten. Um sein volles Po- tential zu entfalten, müssen drei Voraussetzungen zusammenkommen: Erstens müssen Anbieter ihre Verantwortung ernster nehmen. Zweitens müssen Eltern gefordert und gefördert werden, die Schutz- einstellungen tatsächlich zu kennen und zu aktivie- ren und drittens müssen die Kinder und Jugendli- chen noch stärker im kompetenten Umgang mit Medien geschult werden. In den vergangenen Jah- ren ist es uns gelungen, in allen drei Bereichen wichtige Fortschritte zu erzielen. Mit www.medien-kindersicher.de bieten wir ab Herbst 2020 in diesem Bereich auch ein ganz kon- kretes praktisches Hilfsangebot für Eltern in Form einer Online-Plattform an, welche einen Überblick und Erklärungen zu allen gängigen Schutzeinstel- lungen bietet. Bereits im Dezember 2018 wurde hierzu durch die LFK gemeinsam mit der Bremi- schen Landesmedienanstalt (brema) und der Medi- enanstalt Mecklenburg-Vorpommern (MMV) ein

April 2017 — April 2020 Entwicklungsfonds zum technischen Jugendme- dienschutz angestoßen, in dessen Rahmen das Pro- jekt realisiert wird." Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Mehr zum Thema Jugendschutz und der Arbeit der KJM finden Sie in Kapitel 7: „Stark im Verbund: Die bundesweite Zusammenarbeit der Landes- medienanstalten". Gremien tragen Jugendschutz in die Breite der Gesellschaft Auch die Gremien der LFK engagieren sich kontinu- ierlich für einen starken Jugendmedienschutz. Im Medienpädagogischen Ausschuss des Medienrates (MPA) werden vielfältige jugendschutzrelevante Themen diskutiert und aufbereitet. Hierzu gehören unter anderem Empfehlungen zur Medienpädago- gik oder Stellungnahmen zu Fragen des Jugend- schutzes. Aufgrund seiner pluralen Besetzung flie- ßen in die Diskussionen des Medienrates vielfältige Perspektiven und Expertisen ein. Und zugleich können die Gremienmitglieder das Thema Jugend- schutz ihrerseits in die sie entsendenden Verbände und Institutionen zurückspiegeln. "Die fortschreitende Digitalisierung der Medien muss einhergehen mit einem wirksamen Jugendmedienschutz. Die Anbieter stehen in der Pflicht, den Aspekt des Jugendschutzes bereits bei der Entwicklung ihrer Produkte einzubeziehen." Dr. Wolfgang Epp, Vorsitzender des Medienrats der LFK 33 33

Die LFK im Wandel Diese enge lokale Verbundenheit ermöglicht es auch, auf regionale Besonderheiten einzugehen, bestehende Strukturen zu nutzen und effektive Ar- beit vor Ort zu machen. Dem Medienrat ist es da- her besonders wichtig, die föderale Struktur des Jugendmedienschutzes, und damit verbunden auch der Medienkompetenzarbeit, herauszustellen und zu erhalten. Bestrebungen des Bundes, diese Aufgaben zentral zu bündeln, sieht er dementspre- chend kritisch. bei der Rechtsdurchsetzung zu unterstützen. Tech- nischer Jugendmedienschutz kann dem Medienrat zufolge nur ein Baustein einer gesamtgesellschaftli- chen Bemühung um einen funktionierenden Schutz für Kinder und Jugendliche sein. Auch Kin- der und Jugendliche hätten ein Recht auf Teilhabe an der digitalen Welt. Daher gelte es insbesondere für jüngere Kinder einen Schutzraum zu schaffen, bei dem sie von entwicklungsbeeinträchtigenden Konfrontationen geschützt sind. » In seiner Resolution vom Juni 2019 forderte der Medienrat Anbieter von Medieninhalten und Gerä- tehersteller auf, Jugendschutzprogramme weiterzu- entwickeln und auch mobile Lösungen anzubieten, um Kinder und Jugendliche vor ungeeigneten In- halten zu schützen und Eltern in ihrer Mediener- ziehung zu unterstützen. Eine altersgerechte Klas- sifizierung der Inhalte und eine technische Schutz- lösung insbesondere auf mobilen Endgeräten kön- ne Eltern in ihrer Erziehung unterstützen und stelle keine Zensur dar. Auch Anbieter von Social-Media- Plattformen hätten eine Verantwortung, miss- bräuchliche Nutzung zu unterbinden, effektive Meldemechanismen anzubieten und Betroffene » Bei seiner Sitzung im Februar 2020 machte der Medienrat zudem klar, dass die strikte Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern im Bereich des Jugendmedienschutzes gewahrt wer- den muss. Der Medienrat sprach sich dabei auch klar gegen Gesetzesinitiativen aus, die das Ziel ha- ben, staatliche Behörden mit der Aufsicht über In- halte zu betrauen. Dies verstoße gegen das verfas- sungs- wie auch EU-rechtliche Gebot einer staats- fern organisierten Medienaufsicht. Des Weiteren solle der Aufbau von Doppelstrukturen im Bereich des Jugendmedienschutzes vermieden werden. Stattdessen müssten klare Zuständigkeiten und Schnittstellen definiert werden. 34 34

April 2017 — April 2020 Kooperation mit der Korean Communications Standards Commission (KCSC) Im Rahmen seiner Funktion als KJM-Vorsitzender baute LFK-Präsident Dr. Wolfgang Kreißig 2018 die Zusammenarbeit mit der Korean Communications Standards Commission (KCSC) aus, die für die Prü- fung und Bewertung von Rundfunk- und Internetin- halten in Südkorea zuständig ist, mit dem Ziel, den gemeinsamen fachlichen Austausch zu fördern. Vom 10. bis zum 13. Dezember 2018 waren drei Mitarbeiter der KCSC zu Besuch in der Gemeinsa- men Geschäftsstelle der Medienanstalten in Berlin. Dort wurden sie in das Jugendmedienschutzsystem in Deutschland und die Arbeit der KJM eingeführt. Im Anschluss reisten sie zur LFK nach Stuttgart und zur Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) nach München, um dort die Arbeit der Lan- desmedienanstalten vor Ort kennenzulernen. Etwa ein Jahr später, am 27. November 2019, ver- anstalteten KJM und KCSC gemeinsam eine Fach- konferenz zum Thema Hate Speech in der koreani- schen Hauptstadt Seoul. Unter dem Motto „Hetze stoppen – Hass überwinden“ diskutierten koreani- sche und deutsche Expertinnen und Experten so- ziokulturelle und historische Aspekte des Phäno- mens sowie die aktuellen Handlungsoptionen der jeweiligen Medienaufsicht. In dem fachlichen Aus- tausch wurde deutlich, dass die Medienaufsichten in Südkorea und Deutschland mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert sind: Seit einigen Jahren nimmt Hate Speech zunehmend Raum in sozialen Medien ein. In beiden Ländern sind dabei Minderheiten Opfer und Populismus sowie politi- scher Extremismus die Antriebskraft. Dabei wurde die gesamtgesellschaftliche Tragweite des Themas über Landesgrenzen hinaus unterstrichen. „Eine faire und hassfreie Debattenkultur ist konstituierend für die Meinungsfrei- heit und die Meinungsvielfalt und damit für eine funktionierende Demokratie.“ Dr. Wolfgang Kreißig, LFK-Präsident und damaliger KJM-Vorsitzender 35 35

Die LFK im Wandel Strategische Medien- kompetenzvermittlung Der souveräne Umgang mit digitalen Angeboten, sozialen Medien und anderen Smartphone-Apps ist über alle Altersgruppen hinweg eine Schlüsselkompetenz, ohne die eine Teilhabe am gesellschaftli- chen Leben und auch die private und berufliche Weiterentwicklung nur noch eingeschränkt möglich sind. Die Vermittlung von Medienkompetenz ist vor diesem Hintergrund eine zentrale Aufgabe der LFK. Wir bieten den Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg im Rahmen zahlreicher Projek- te, Initiativen und Netzwerke maßgeschneiderte Unterstützung an. Ein besonderes Augenmerk legen wir dabei auf vulnerable Gruppen wie Kinder und Jugendliche sowie Seniorinnen und Senioren. Digitale Teilhabe Während die jüngere Generation oft wie selbstverständlich digitale Endgeräte und Anwendungen nutzt, fühlt sich ein Teil der älteren Menschen mit ihren Unsicherheiten beim Umgang mit neuen Technologien manchmal allein gelassen. Die Digitalisierung hat allerdings schon zahlreiche Lebensbereiche erfasst, die für Seniorinnen und Senioren besonders wichtig sind, wie etwa digitale Gesundheitsangebote. Gerade wenn die Mobilität eingeschränkt ist, können solche Dienste eine sinnvolle Erleichterung des Alltags sein. Daher unterstützen wir Seniorinnen und Senioren über verschiedene Projekte dabei, medienkompetent zu werden und an diesen Entwicklungen teilzuhaben. KommmiT – Begleitung auf dem Weg in die digitale Gesellschaft Für Seniorinnen und Senioren ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten eine Grundvoraussetzung auf dem Weg in die digitale Gesellschaft. Deshalb hat sich die LFK mit Projektpartnern aus Wissen- schaft, Industrie, Altenhilfe und öffentlicher Ver- waltung im Konsortium „KommmiT“ (Kommunika- tion mit intelligenter Technik) zusammengeschlos- sen, um bürgerschaftlich Engagierte als sogenann- te KommmiT-Begleiterinnen und -Begleiter auszu- bilden, welche älteren Menschen die für die Inter- netnutzung notwendige Technik sowie digitale Anwendungen erklären und auf Augenhöhe mit der Zielgruppe kommunizieren. Auf diesem Wege kann technikunerfahrenen Seniorinnen und Seni- oren die Angst vor dem Umgang mit digitalen Me- dien genom- men werden. Die LFK hat hierzu gemein- sam mit der Stiftung Me- dienKompetenz Forum Südwest (MKFS) ein grund- legendes medienpädagogisches Konzept entwik- kelt, welches das Ausbildungskonzept mit dem Curriculum sowie das Begleitungskonzept zur Un- terstützung der Technik-Neulinge beinhaltet. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das Konzept er- hielt 2019 den Goldenen Internetpreis für digitale Angebote für Ältere. 38 38

April 2017 — April 2020 Silver Surfer – Sicher online im Alter Mit dem Kursprogramm „Silver Surfer“ unterstützt die LFK gemeinsam mit den Volkshochschulen vor Ort und der Verbraucherzentrale Baden-Württem- berg ältere Menschen da- bei, einen selbstbewussten, selbstbestimmten und si- cheren Umgang mit dem Internet zu erlangen. Das Angebot richtet sich an Seniorinnen und Senioren, die bereits das Internet mit einem digitalen Endgerät nutzen und ihre Kenntnisse gerne vertiefen möchten. Im Rahmen einer Seminarreihe wird Seniorinnen und Senioren gezeigt, wie man gezielt Informationen im Daten- Dschungel des Internets findet, man auf digitalem Wege in Kontakt bleiben kann. Ergänzt wird Silver Surfer durch das Internet-Serviceportal „Silver Tipps – Sicher online!“, das die LFK über die Stiftung Medien- Kompetenz Forum Südwest (MKFS) betreibt. Ältere Internetnutzerinnen und Internetnutzer erhalten hier von Expertinnen und Experten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftlern konkrete Informationen, Anregungen und Tipps, die den täglichen Umgang mit Internet, Computer und Smartphone sicher machen und Be- rührungsängste abbauen. Für die Videoreihe „Hel- ga hilft“ erhielt Silver Tipps im Rahmen des Golde- nen Internetpreises 2019 einen Sonderpreis. Der MKFS wird neben der LFK vom Südwestrundfunk (SWR) und der LMK Medienanstalt rlp getragen. Netzwerk Senioren im Internet – Ideenlabor für die Projektarbeit Um die Aktivitäten zur Stärkung der Medienkom- petenz Älterer zu bündeln, hat die LFK zudem das „Netzwerk Senioren im Internet” initiiert. Hier tref- fen sich landesweit aktive Institutionen, die sich der Aufgabe verschrieben haben, ältere Menschen auf ihrem Weg in die digitale Welt zu unterstützen. Aus diesem Netzwerk heraus will die LFK gemein- sam mit weiteren Partnern erfolgreiche Projekte und Beratungsstrukturen stärken, der Öffentlichkeit bekanntmachen und auf die Gefahr einer digitalen Spaltung der Gesellschaft hinweisen. Exemplarisch werden im Rahmen von Veranstaltungen Ideen und Handlungsmöglichkeiten für die Kommunen aufgezeigt, um so dazu beizutragen, dass die Digi- talisierungsstrategie der Landesregierung Baden- Württembergs breiter in der Bevölkerung verankert wird und alle Altersgruppen erreicht werden. So legte die LFK im März 2020 gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg und mehreren Part- nern aus dem „Netz- werk Senioren im In- ternet“ den Grund- stein für ein neues landesweites Projekt zur Förderung der digitalen Teilhabe von Seniorin- nen und Senioren am Gesundheitswesen. Wäh- rend einer Pilotphase werden in einem Konsortium Konzepte entwickelt, die über Themen wie Teleme- dizin, E-Patientenakte und Gesundheitsapps infor- mieren, Gesundheitsbotschafterinnen und Gesund- heitsbotschafter als Unterstützung qualifizieren sowie Bürgerinnen und Bürger durch Beteiligungs- formate miteinbeziehen. Mit dem vom Sozialmini- sterium geförderten Projekt gesundaltern@bw wird Seniorinnen und Senioren ermöglicht, eigenständig und selbstbestimmt die digitalen Dienstleistungen im Gesundheitsbereich nutzen zu können. 39 39

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Medienkompetenzprojekte Miriam Brehm M.A. Medienkompetenz (LFK) Um das Thema Digitale Teilhabe im Alter langfri- stig zu begleiten und fortzuentwickeln hat die LFK bereits 2019 ein Referat mit dem Schwerpunkt Medienkompetenzprojekte für Seniorinnen und Senioren eingerichtet, das von Miriam Brehm be- treut wird. „Der Wandel zu einer zunehmend digitalen Welt vollzieht sich in allen Lebensbereichen und for- dert jede Generation. Am deutlichsten spüren je- doch gerade ältere Menschen die Folgen dieser Entwicklung: Nur wer über ein Gerät mit Internet- verbindung verfügt, es bedienen und die Anwen- dungen auch verstehen bzw. nutzen kann, wird die Chancen der Digitalisierung wahrnehmen und am gesellschaftlichen Leben, am politischen Dis- kurs und der Meinungsbildung teilhaben können. Allein mit dem Kauf eines mobilen Gerätes ist es dabei aber nicht getan. Grundlegende Fertigkei- ten im Umgang mit den Anwendungen sind es- sentiell, um beispielsweise Videotelefonie oder Messenger überhaupt als alternative Kommunika- tionsformen nutzen zu können. Die praktischen Erfahrungen in den Projekten der LFK haben mir gezeigt, dass vor allem techniku- nerfahrene Seniorinnen und Senioren hoch moti- viert sind, sich auf die Online-Welt einzulassen und digitale Entwicklungen kennenzulernen – wenn in den medienpädagogischen Angeboten ihre Lebenswelt und ihre individuellen Bedürfnis- sen zum Tragen kommen. Daher ist es wichtig, bei allen Medienkompetenzprojekten die Bedarfe der heterogenen Zielgruppe in den Mittelpunkt zu stellen und ihre Kompetenzen mit einzubinden. In den Projekten und Netzwerken im neuen Referat „Medienkompetenz für Seniorinnen und Seni- oren“ verfolgen wir dieses Ziel: Eine passgenaue Unterstützung für Seniorinnen und Senioren auf ihrem Weg in die digitale Welt. Denn auch im hö- heren Alter können digitale Angebote kompetent und selbstbestimmt genutzt werden und das wie- derum stärkt die soziale Teilhabe, Autonomie und Selbstbestimmung älterer Menschen.“ Miriam Brehm 40 40

April 2017 — April 2020 Jugend & Digitales Digitale Medien prägen den Alltag von Jugendlichen – ein Leben ohne Smartphone ist für die Generation der heute Zwölf- bis 19-Jährigen kaum vorstellbar. Die Ergebnisse der von der LFK mitgetragenen Studie „Jugend, Information, Medien (JIM)“ 2019 zeigen, dass die absolute Mehrheit der Jugendlichen (89 %) täglich online ist. Dass dies nicht ohne Risiken ist, sieht man daran, dass über die Hälfte der Befragten innerhalb eines Monats im Internet mit extremen politischen Ansichten (57 %) oder Fake News (53 %) konfrontiert wurden. Deshalb ist es besonders wichtig, Jugendlichen die notwendige Medienkompetenz zu vermitteln, damit sie sich ihrem Alter entsprechend selbstbestimmt und verantwortungsbewusst im digitalen Raum bewegen können. Handysektor — Anlaufstelle für den digitalen Alltag Lern-Apps, E-Sport, Gaming, Insta-Stories, Nachhil- fe im Netz, Künstliche Intelligenz: die Themen auf www.handysektor.de sind so vielfältig wie die digi- tale Welt selbst. Bei „Handysektor“ handelt es sich um eine unab- hängige Anlaufstelle für den digitalen Alltag von Ju- gendlichen – mit vielen Tipps, Informationen und auch kreativen Ideen rund um Smartphones, Ta- blets und Apps. Handysektor bietet Jugendlichen jederzeit Unterstützung bei Fragen oder Problemen mit digitalen Medien. Darüber hinaus werden aber auch Alltags- und Lifestyle-Themen aufgegriffen, die Jugendliche zu einer kritischen Reflexion ihres Me- diennutzungsverhaltens veranlassen. Cybermob- bing, Sexting, Datenschutz und -sicherheit, exzessi- ve Nutzung, Kostenfallen und Verbraucherrechte spielen dabei ebenso eine Rolle, wie konkrete Nut- zungstipps, App-Anleitungen oder auch digitale Hilfestellungen rund um die Bereiche Lernen und Hobbys. „Handysektor“ unterstützt Jugendliche damit auch beim Erkennen von Fake-News, infor- miert sie über Gefahren die in Social-Media lauern können und erklärt die Funktionsweise von sinn- vollen Smartphone-Apps. Dabei gibt es keine Verbote oder den erhobenen Zeigefinger. Die Jugendlichen sollen gut informiert und kompetent selbst entscheiden können, wie sie mit digitalen Medien umgehen wollen. Beispielsweise werden unter der Rubrik „Dein Ver- trag mit Instagram“ die Nutzungsbedingungen des Dienstes kurz und verständ- lich erklärt. Zur Kommunikation mit Jugendlichen sind die So- cial-Media-Kanäle — insbesondere Instagram und YouTube — ein wichtigerer Bestandteil des Ange- bots. Hier finden die Userinnen und User auf ihre Bedürfnisse und Nutzungsgewohnheiten zuge- schnittenen „Snack- Content“. Das heißt, ein The- ma wird kurz, zum Beispiel in Form animierter GIFs, Kurzvideos und Infografiken angesprochen und mit tiefergehenden Informationen verlinkt. Um vermehrt mit den Jugendlichen in Interaktion zu treten, gibt es mit „Handysektor-Kim“ eine eige- ne Influencerin, die als Redakteurin und Medien- pädagogin mit einer persönlichen Ansprache die relevanten Kanäle bespielt. Außerdem bietet „Han- dysektor“ im Rahmen des Kindermedienlands die Qualifikation „digitaler Ersthelfer“ speziell an Schulen im Land Baden-Württemberg an. Engagierte Schülerinnen und Schüler werden hier- durch befähigt, ihre Mitschülerinnen und Mitschü- ler zu relevanten Themen rund um Smartphone, Datenschutz und Cybermobbing aufzuklären. Zur Stärkung der Medienkompetenz von Jugendli- chen hat die LFK ihr Projekt „Handysektor“ im Berichtszeitraum kontinuierlich ausgebaut und inhaltlich neu ausgerichtet. 41

Die LFK im Wandel Hackathon — Jugendliche programmieren die digitale Zukunft tenzen erlernt und vertieft. Die beliebten Hackathons, die im Rahmen des Kindermedienlan- des Baden-Württemberg veranstaltet werden, ge- hen bereits in das vierte Jahr. Des Weiteren war die LFK mit den Hackathons „Hack To The Future“ des Kindermedienlandes Ba- den-Württemberg an einem weiteren landesweiten Medienkompetenzprojekt beteiligt. In mehreren dreitägigen Hackathons konnten Jugendliche pro- grammieren, tüfteln, basteln – bei den Hackathons können Jugendliche ihre Ideen für die digitale Zu- kunft in Form von Soft- oder Hardware-Prototypen eigenständig umsetzen. Erfahrene Mentorinnen und Mentoren aus den Bereichen Gamedesign, IT, Elektrotechnik und Projektmanagement stehen ih- nen dabei zur Seite. So werden nicht nur spannen- de Apps, Games, Websites und Maps program- miert, sondern auch wertvolle digitale Kompe- Foto: "Hack to the Future" Hackathon (Copyright: MFG Baden-Württemberg) 42 42

April 2017 — April 2020 Games Videospiele gehören nicht nur zum Kulturgut, sondern sind aus dem Alltag vieler Kinder und Jugendlicher nicht mehr wegzudenken. So spielen 63 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen nach der JIM-Studie 2019 re- gelmäßig digital – an Computer, Konsole, Smartphone oder Tablet. Neben einer großen Reichweite bergen Computerspiele auch große Potenziale und eröffnen vielfältige Möglichkeiten im Bereich der Bildung und der Förderung von Medienkompetenz. Die LFK engagiert sich zum Thema Games in mehreren Projekten. ComputerSpielSchulen — spielend Medienkompetenz vermitteln Mit einer dreijährigen Anschubförderung initiierte die LFK die Einrichtung von drei ComputerSpiel- Schulen in Baden-Württemberg — an den Standor- ten Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart. Kinder, Ju- gendliche und deren Eltern sowie Lehrkräfte können dort praktische Erfahrungen im Umgang mit pädagogisch geeigneten, aber auch populären Games sammeln. Die Computerspielschulen bieten darüber hinaus Workshops rund um das Thema Games für Schulklassen, Ju- gendgruppen und Eltern mit ihren Kindern sowie Fortbildungsangebote für Lehrkräfte an. Nach einer erfolgreichen Startphase sind inzwischen weitere Standorte in Baden-Württemberg hinzugekommen. games-im-unterricht.de — moderne Ansätze für die Medienbildung Computerspiele im Unterricht einzusetzen, klingt auf den ersten Blick ungewöhnlich. Durch die im Bildungsplan 2016 enthaltene Leitperspektive Me- dienbildung der Landesregierung Baden-Württem- berg sind Lehrkräfte aber dazu aufgerufen, in allen Fächern und Altersstufen mit digitalen Medien zu arbeiten. Computerspiele bieten sich hierfür her- vorragend an, da sie an die Lebenswelt der Schüle- rinnen und Schüler anknüpfen. Spiele können als Einstieg in ein neues Thema oder zur Vertiefung des Unterrichts eine interessante und zeitgemäße Vermittlung von bildungsrelevanten Themen bieten und den Regelunterricht sinnvoll ergänzen, wenn deren Einsatz von Lehrkräften mit einem konkreten Unterrichtskonzept pädagogisch begleitet wird. Hier setzt die im Frühjahr 2020 gestartete Platt- form games-im-unterricht.de der LFK und weiterer Partner an. Das Angebot bietet zu zahlreichen päd- agogisch wertvollen Spielen einen Überblick über die technischen Voraussetzungen, den Bildungs- planbezug, eine kurze inhaltliche Zusammenfas- sung sowie einen Vorschlag zum pädagogischen Einsatz. Somit bietet die Seite eine bislang in Ba- den-Württemberg einzigartige Plattform, die Spiele- Developer, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schü- ler gleicher- maßen an- spricht und zusammen- bringt. 43 43

Die LFK im Wandel Forschung Um eine vielfältige und langfristig tragfähige Medienlandschaft sicherzustellen, unsere Medienauf- sicht zielgerichtet zu justieren oder unsere Medienkompetenzförderung bedarfsgerecht auszurichten, müssen wir evidenzbasiert und vorausschauend agieren. Ein fundiertes Wissen darüber, wie sich die Wirkung von Medien, ihre Nutzung und auch unsere Kommunikation untereinander im Lauf der Jahre verändert haben, ist daher Grundvoraussetzung für unsere tägliche Arbeit. In unserer medienwissen- schaftlichen und kommunikationswissenschaftlichen Forschung ergänzen wir Langzeitforschung mit Untersuchungen zu aktuellen Themen und können somit für unsere Entscheidungsfindung auf eine breite Datenbasis zurückgreifen. Auch im Verbund mit den anderen 13 Landesmedienanstalten füh- ren wir zahlreiche Forschungsprojekte durch, die wir Ihnen im Kapitel 7 „Stark im Verbund: Die bun- desweite Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten“ vorstellen. Die Langzeitstudien KIM und JIM: 20 Jahre Einblick in die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen Die LFK hat den Mehrwert langfristig durchgeführ- ter Studien früh erkannt und schon vor der Jahr- tausendwende mit Studien zur Mediennutzung un- terschiedlichster Bevölkerungsgruppen begonnen. Die Ergebnisse der Untersuchungen bieten Ein- blicke in die Medienwelten von Kindern, Jugend- lichen und Familien. Sie geben Aufschluss darüber, welche Themen, Chancen und Problemlagen für verschiedene Zielgruppen aktuell eine wichtige Rolle spielen. So erlebt die Welt seit zwei Jahrzehnten einen enormen Wandel hin zu einer digitalen Gesell- schaft. Jeder kann heute Informationen und Bot- schaften über verschiedene Kanäle in Bild oder Video live oder zeitlich versetzt verbreiten. Podiumsdiskussion moderiert von Diana Hörger (SWR) mit Dr. Wolfgang Kreißig (Präsident LFK), Stefanie Schneider (Landessenderdirektorin Baden-Württemberg SWR) und Dr. Marc Jan Eumann (Direktor der Medienanstalt RLP) 46

April 2017 — April 2020 Neben dem Telefonnetz gibt es mit Messenger- Diensten und Social-Media-Plattformen weitere flä- chendeckende Kommunikationsebenen, die von fast allen Teilen der Bevölkerung selbstverständlich genutzt werden. Das Medienangebot hat sich ver- vielfacht, Bücher können gedruckt oder digital ge- lesen werden und mit Netflix und Amazon haben sich neben Plattformen wie YouTube kuratierte Programme entwickelt, die Fernsehen bzw. Be- wegtbildnutzung neu definieren. All diese Entwicklungen und deren Relevanz für die Jugendlichen dokumentiert die Studie „Jugend, Information, Medien“ (JIM) und deckt damit eine ganze Generation ab. Die erste JIM-Studie erschien im Jahr 1998 und wird seitdem jährlich vom Me- dienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs), einer Kooperation der LFK und der Landes- zentrale für Medien und Kommunikation Rhein- land-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Südwest- rundfunk (SWR) durchgeführt. Im Rahmen einer Jubiläumsveranstaltung wurden die JIM-Studie 2018 und drei erfolgreich umge- setzte medienpädagogische Praxisprojekte am 27. November 2018 in Stuttgart vorgestellt. Außerdem wurden aktuelle Herausforderungen für Aufsicht, Jugendschutz und zur Erreichbarkeit der Zielgruppe mit Expertinnen und Experten diskutiert. Gerätebesitz Jugendlicher: Handy, MP3-Player und Smartphone 1998 — 2018 Quelle: JIM 1998-JIM 2018, Angaben in Prozent, Basis: alle Befragten Mittlerweile gibt es die JIM-Studie also seit über 20 Jahren. Dies bedeutet, dass die damals ältesten Befragten der ersten JIM-Studie aus dem Jahr 1998 heute über 40 Jahre alt und möglicherweise selbst Eltern sind, die sich mit Fragen des Medienum- gangs ihrer Kinder auseinandersetzen. All diese Ju- gendlichen aus über 20 Jahren Befragungen sind mit digitalen Medien aufgewachsen, jeweils zu ih- rer Zeit und mit ihren spezifischen Medienangebo- ten. Jede Generation steht immer wieder vor neuen Herausforderungen, neuen Angeboten und Dien- sten und damit der Frage, welchen Raum und wel- che Zeit die Medien in ihrem Leben, im Alltag, im Privaten und später im Beruf einnehmen sollen. Die Daten aus 20 Jahren JIM-Studie zeigen insbe- sondere, wie sich manche grundlegenden Parame- 47

Die LFK im Wandel ter kaum geändert haben, obwohl die Umwelt von enormer Dynamik geprägt ist. Ein Beispiel ist das Lesen: Über 20 Jahre hat sich die Beschäftigung mit Büchern als relevante Freizeitgestaltung sehr stabil gehalten. Auch die Radionutzung zeigt eine hohe Konstanz. Ein anderes Beispiel sind Kommu- nikationsangebote. Über die Zeit dienten Chatro- oms, SchülerVZ, StudiVZ, Lokalisten, Facebook und heute Instagram, WhatsApp und Snapchat der Kommunikation im Freundeskreis und erreichten zu ihrer Zeit jeweils einen Großteil der Jugendli- chen. Wenn auch diese Angebote in ihrem Format und in der Art der Kommunikation sehr unter- schiedlich sind, so waren sie doch immer zentrale Plattformen der gegenseitigen Kommunikation und ein wichtiges Bindeglied innerhalb von sozialen Gruppen. Die Ergebnisse der JIM-Studie 2019 belegen, dass Jugendliche heute mit einem breiten Repertoire an Medienangeboten aufwachsen: Smartphone, Com- puter und WLAN sind in praktisch allen Familien vorhanden. Einen Fernseher gibt es bei 96 Pro- zent, zwei von drei Familien besitzen einen Smart- TV. Auch das Internet ist fest im Alltag der Jugendli- chen verankert: 89 Prozent der Befragten sind täg- lich online, pro Tag für durchschnittlich 205 Minu- ten. Ein Drittel der Mediennutzung fällt dabei auf die Online-Kommunikation. 93 Prozent der Ju- gendlichen tauschen sich mehrmals pro Woche über WhatsApp aus. Auf dem zweiten Platz der Nutzung landen unterhaltende Inhalte: Hier nen- nen die Befragten am häufigsten die Video-Platt- form YouTube, die vor allem zum Ansehen von Musikvideos genutzt wird. Die Befragten nutzen um Musik zu hören am liebsten Musik-Streaming- Dienste wie Spotify (66 %) – gefolgt von Radio- sendern (50 %) und YouTube (52 %). Aktivitäten im Internet – Schwerpunkt: Information 2019 – täglich/mehrmals pro Woche – Quelle: JIM 2018, JIM 2019, Angaben in Prozent, Basis: alle Befragten 48

April 2017 — April 2020 Seit 1999 führt der mpfs auch eine Basisstudie zum Stellenwert der Medien im Alltag von Kindern (6 bis 13 Jahre) durch. Auch die KIM-Studie (Kind- heit, Internet, Medien) ist als Langzeitprojekt ange- legt, um die sich im permanenten Wandel befindli- chen Rahmenbedingungen des Medienangebots und die damit verbundenen Veränderungen ad- äquat abbilden zu können. Durch gleichbleibende Fragestellungen zeigt die Studie, inwieweit sich die Mediennutzung von Kindern über einen längeren Zeitraum verändert. Mit spezifischen Fragestellun- gen reagiert sie zudem auf aktuelle Medienent- wicklungen. Im Rahmen der KIM-Studie werden je- weils rund 1.200 Kinder mündlich-persönlich sowie deren Haupterzieher schriftlich befragt. Neben den Studienreihen JIM und KIM erhebt der mpfs Studien zur Mediennutzung in Familien (FIM) sowie zum Medienumgang von Kleinkindern (mini- KIM). Sondererhebungen zu aktuellen Themenstellungen Studien sind eine wichtige Grundlage, um frühzei- tig mögliche Handlungsfelder für unsere medien- politische Arbeit, die Schwerpunkte unserer Auf- sichtstätigkeit oder Bedarfe für neue Projekte zur Förderung der Medienkompetenz zu identifizieren. Daher ergänzen wir unsere Langzeiterhebungen auch immer wieder durch neue Studien, die ak- tuelle Themen und Fragestellungen beleuchten. Zu Beginn der Corona-Pandemie im April 2020 hat der mpfs die Sondererhebung „JIMplus Corona“ veröffentlicht. Im Rahmen dieser Zusatzstudie wur- den 1.002 Schülerinnen und Schüler im Alter von zwölf bis 19 Jahren befragt, um zu untersuchen, wie sich deren Medienumgang während der Schul- schließung darstellte und wie gut das Homeschoo- ling in dieser Phase funktioniert hat. Im Kern ka- men die befragten Schülerinnen und Schüler nach eigenen Angaben mit der ersten Phase der Schul- schließungen gut zurecht. Die Homeschooling-Si- tuation bewerten sie insgesamt mit der Schulnote 2,5. Bezüglich der genutzten Geräte kamen vor al- lem Handys (82 %) und Laptops (80 %) zum Ein- satz. Allerdings musste sich jeder vierte Schüler bzw. jede vierte Schülerin den Computer mit je- mandem teilen. Eine digitale Lernplattform ("Schulcloud") kam laut den Ergebnissen von „JIMplus Corona“ an weiterführenden Schulen nur bei einem Fünftel der Schülerinnen und Schüler zum Einsatz. 49 49

Die LFK im Wandel Der Web-TV-Monitor: Vom Newcomer zum Rising Star Die Nutzung von Onlinevideo-Angeboten ist späte- stens mit der weiten Verbreitung von Smartphones zum Medienalltag geworden. Web-TV ist ein stark wachsender Markt, auf dem sich sehr viele ver- schiedene Anbieter und eine große Vielfalt an An- geboten auf diversen Plattformen tummeln. Grund genug, uns die wachsende Bedeutung der Online- video-Branche genauer anzusehen. Im Auftrag der LFK und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) erfasst die Beratungs- und For- schungsgruppe Goldmedia im Web-TV-Monitor seit 2010 aktuelle Trends und Entwicklungen auf dem deutschen Onlinevideo-Markt und hat sich für An- bieter, Werbungtreibende, Media- und Werbe- agenturen als wichtiger Branchenkompass eta- bliert. Die Studie enthält Analysen zur Verbreitung von Onlinevideo-Angeboten und ihren Inhalten, zu Reichweiten und Wirtschaftlichkeit, zu Trends, Lei- stungswerten und künftigen Entwicklungslinien. Die Ergebnisse des Web-TV-Monitors 2019 wurden im Rahmen des von der LFK geförderten Stuttgarter Innovationskongresses „Media Tasting“ im Juni 2019 der Öffentlichkeit präsentiert. Für die Erstel- lung des Web-TV-Monitors 2019 wurden rund 30.000 Video-Angebote in Deutschland identifi- ziert – davon mehr als 17.000 Video-Kanäle auf YouTube. Web-TV-Angebote nach Bundesländern 2019 In Bayern werden 2019 die meisten Web-TV-Ange- bote (144) produziert, es folgen Nordrhein-West- falen (108), Baden-Württemberg (63) und Berlin (62). In Relation zur Einwohnerzahl liegt Hamburg mit 24 Angeboten pro 100 000 Einwohnern vorn, gefolgt von Berlin (18) und Bayern (11). Tenden- ziell sind mehr Video-Anbieter in den Ballungsräu- men und Großstädten präsent, insbesondere bei den Submarken klassischer Medienhäuser. Quelle: BLM LFK Web TV Monitor 2019 n= 625 Web TV Angebote 50 50

April 2017 — April 2020 Sozialen Medien kommt eine zentrale Rolle bei der Vermarktung von Online-Video-Inhalten zu. Während YouTube von 90 Prozent der Video- Anbieter genutzt wird, gefolgt von Facebook (71 %) und Instagram (59 %), hat sich die Anzahl der Video-Angebote mit einer eigenen Web-Präsenz seit 2014 halbiert. Entwicklung Onlinevideo-Werbemarkt 2010 — 2023 Das Marktvolumen für Onlinevideo-Werbung lag 2018 bei rund 650 Millionen Euro (nach Abzug von Skonti und Rabatten) und wuchs damit gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent. Der Markt hat sich damit seit 2017 etwa verdoppelt. Bis 2023 wird der Markt um weitere 77 Prozent auf dann rund 1,2 Milliarden Euro wachsen. Dies ent- spricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum (*Compound Annual Growth Rate) von 12 Prozent. Quelle: Goldmedia Analyse, BLM LFK Web TV Monitor 2019 Instagram wird nach Meinung von 60 Prozent der befragten Onlinevideo-Anbieter in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Etwa 12 Prozent der Video-Uploads auf Instagram enthalten bereits Werbeplacements. Dahingegen gehen 56 Prozent der Anbieter davon aus, dass Facebook an Bedeutung verlieren wird. Für unsere Werbeaufsicht ist die Relevanz der ver- schiedenen Plattformen für die Vermarktung ein hilfreicher Indikator, um unsere Ressourcen mög- lichst effizient einzusetzen. 51 51

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Der Web-TV-Monitor wird 10 Gastbeitrag von Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer und Managing Partner der Goldmedia GmbH, Standort Berlin „Die Art und Weise, wie wir Filme, Fernsehen oder Videos schauen, und die Palette der Angebo- te und Plattformen hat sich in den letzten zehn Jahren in einer Geschwindigkeit verändert, die ih- resgleichen sucht. Eine Studie, die diesen Wandel und die Dynamik im Bewegtbildmarkt treffend zeigt, ist der „Web-TV-Monitor“ – ein höchst rele- vantes Gemeinschaftsprojekt von LFK und BLM. Der Web-TV-Monitor feiert inzwischen ein kleines Jubiläum, denn es gibt ihn bereits seit 2010! Von Beginn an haben wir bei Goldmedia die Freude, diesen Branchenreport durchzuführen. Ziel des Web-TV-Monitors war es von Anfang an, eine de- taillierte, regelmäßige Bestandsaufnahme des Onlinevideo-Marktes in Deutschland zu erstellen. Es gibt deshalb heute keine vergleichbare Studie, die derart systematisch die große Vielzahl der An- gebote und ihre Inhalte, deren Reichweiten und Wirtschaftlichkeit erfasst und künftige Entwick- lungslinien und Trends identifiziert. Dafür durchforsten wir nicht nur sämtliche ver- fügbaren Angebotsdatenbanken, sondern wir sind zusätzlich mit Video-Anbietern und Bran- chen-Experten per Befragung in einem direkten und engen Austausch. So entsteht regelmäßig ein differenziertes Abbild des deutschen Online- video-Universums. Bei der Analyse zum ersten Web-TV-Monitor hat- ten wir im Jahr 2010 zunächst rund 1.300 Web- TV-Angebote erfasst. Entsprechend des Entwick- lungstempos im Bewegtbildmarkt und der wachsenden Relevanz der Social Media-Plattfor- men wurde die Studie schnell sehr viel umfang- reicher: 2015 kamen die größten YouTube-Kanäle in Deutschland hinzu – damit wurden schon ins- gesamt 9.000 Angebote für den Web-TV-Monitor untersucht. 52 52 Prof. Dr. Klaus Goldhammer (Quelle: Goldmedia) Rasch wurde auch Facebook als Plattform für Video-Inhalte so relevant, dass wir erneut erwei- terten und 2017 insgesamt mehr als 13.000 An- gebote (YouTube-Channels, Web-TV-Angebote, Facebook-Video-Angebote) analysierten. Heute sind wir schon bei mindestens 30.000 An- geboten, die für den deutschen Onlinevideo- Markt relevant sind. Denn inzwischen hat sich Instagram als dritte zentrale Social-Video-Platt- form etabliert und wurde 2019 in die jüngste Studie eingebunden. Ein Ende scheint nicht ab- sehbar: Denn auch Snapchat, Twitch und Tik-Tok haben umfangreiche Bewegtbildangebote gestar- tet und erkleckliche Reichweiten in Deutschland. Danke an die LFK (und BLM) für ihr Engagement, diesen wichtigen Branchenkompass zu unterstüt- zen. Wir freuen uns auf weitere spannende Mo- nitore und den ideenreichen Austausch zur rasan- ten Entwicklung der Bewegtbildangebote in Deutschland.”

Die LFK im Wandel Medienstandort BW Mit über 30 TV- und Radioprogrammen verfügt Baden-Württemberg über eine starke lokale und re- gionale Rundfunklandschaft. Mit über 1.000 Beschäftigten erstellen sie täglich aktuelle Inhalte für die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg. Die Rundfunkveranstalter erwirtschaften jährlich knapp 80 Millionen Euro und sind als Werbeträger ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Unterneh- men und Betriebe vor Ort. Noch wichtiger als die reinen Wirtschaftszahlen sind jedoch die professionellen journalistischen Strukturen in Baden-Württemberg, zu denen neben privaten kommerziellen Veranstalter auch Nicht- kommerzielle Lokalradios (NKL) und Lernradios an Hochschulen beitragen. Doch beide Bereiche geraten zunehmend unter Druck: Die Digitalisierung bietet Veranstaltern zwar neue Chancen – die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle erweist sich bislang jedoch als schwierig. Einerseits erschwert eine im Internet stärker ausgeprägte „Umsonst-Mentalität“, bei der oft erwartet wird, dass Inhalte kostenlos erhältlich sind, die Einführung von Bezahlmodellen. Anderer- seits informieren sich vor allem Jüngere zuneh- mend auf anderen Wegen, allen voran über soziale Netzwerke. Der mehr oder weniger bewussten und zielgerichteten Suche nach Informationen im Inter- net widmen sich die Jugendlichen laut JIM-Studie 2019 bereits jede zehnte Minute ihrer Onlinenut- zung – und zwar unabhängig von Geschlecht, Alter oder Bildung. Dabei brauchen wir gerade online eine Vielzahl an professionellen journalistischen Medien. Denn dort und in sozialen Medien sehen wir uns besonders häufig mit Desinformationen konfrontiert und wis- sen oft nicht, aus welcher Quelle und von wel- chem Absender die Inhalte und Informationen stammen, die uns präsentiert werden. Als LFK haben wir daher ein klares Ziel: Wir wol- len, dass sich journalistische Inhalte auch im Digi- talen noch lohnen und unsere einzigartige Vielfalt an lokalen und regionalen Medien erhalten bleibt. Wir möchten Rahmenbedingungen schaffen, die nachhaltige journalistische Strukturen fördern und sicherstellen, dass diese auch bei den Nutzerinnen und Nutzern ankommen. Journalismusförderung – weil Content noch immer King ist Unser erster Blick richtet sich daher auf all jene, die journalistische Inhalte erstellen. Wir möchten die Ausbildung von Nachwuchsjournalisten för- dern, ehrenamtliches Engagement bestärken, Influencer aufklären und einen Rahmen für den regelmäßigen Austausch unter den kreativen, innovativen und investigativen Köpfen Baden- Württembergs anbieten. Das LFK-Volontärs-Förderprogramm: Zielgenaue Unterstützung des journalistischen Nachwuchses Seit 2020 bietet die LFK erstmals ein finanzielles Förderprogramm für die Volontärsausbildung an. Die Förderung kann von Hörfunk-Veranstaltern in Baden-Württemberg mit einer Kapazitätszuweisung beantragt werden. Erst frisch angelaufen bestätigt das rege Interesse die Bedeutung, gerade unsere lokale Hörfunkstruktur, die bundesweit einzigartig vielfältig ist, zu stärken. 56

April 2017 — April 2020 Der Medienring: Das Fortbildungskonzept für die kommerziellen Rundfunkveranstalter Mit dem Medienring bietet die LFK ein Aus- und Fortbildungsportal an, das sich gezielt an den pri- vaten Rundfunk in Baden-Württemberg richtet. Ziel ist es hierbei, die fachliche Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Veranstalter und damit die Qualität der privaten Rundfunkan- gebote und ihre Positionierung im Rundfunkmarkt zu stärken. Der Medienring organisiert hierzu Se- minare und führt diese mit Referentinnen und Re- ferenten durch. Darüber hinaus weist er auf aktu- elle Veranstaltungen hin, die für die baden-württembergischen Rundfunkveranstalter von Interesse sind. Ergänzt wird das Medienring-Angebot durch die Möglichkeit, Fortbildungsmaßnahmen im eigenen Sender im Rahmen der Inhouse-Förderung zu be- antragen, um senderspezifische Weiterentwicklun- gen im Bereich Technik, Produktion und Personal zu ermöglichen und damit den vielfältigen Me- dienentwicklungen im Journalismus gerecht zu werden. Das Bildungszentrum Bürgermedien: Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements Um die Fort- und Weiterbildung in und mit Nicht- kommerziellen Lokalradios (NKL) zu vernetzen und weiterzuentwickeln, unterstützt die LFK das Bil- dungszentrum BürgerMedien e.V. (BZBM). Das BZBM bietet unterschiedliche Seminare und Work- shops an, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Einrichtungen zugeschnitten sind und die Vernet- zung zwischen den Offenen Kanälen und NKL vor- anzutreiben. Zudem finanzieren sich die NKL insge- samt zu einem Großteil aus Fördermitteln der LFK; insgesamt können den NKL in Baden-Württemberg jährlich rund 1 bis 1,5 Millionen Euro Förderung zur Verfügung gestellt werden. 57 57

Die LFK im Wandel Die Initiative Radiosiegel: Eine Auszeichnung für besondere Qualität der Ausbildung Um zudem auch die journalistische Nachwuchsför- derung im Radio zu unterstützen, hat sich die LFK gemeinsam mit anderen Landesmedienanstalten, dem Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizi- stik, dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV), dem Grimme-Institut und weiteren Institutionen und Ausbildungseinrichtungen in der INITIATIVE RADIOSIEGEL zusammengeschlossen. Hierbei han- delt es sich um ein Gütesiegel für die journalistisch fundierte Ausbildung in privaten Radiostationen, für das sich Volontärinnen und Volontäre bewer- ben können, indem sie ihren Sender für die Verga- be vorschlagen. Eine ehrenamtliche, unabhängige Jury aus renommierten Journalistinnen und Journa- listen und Medienexpertinnen und Medienexper- ten entscheidet darüber, welche Radiosender die Auszeichnung „Radiosiegel“ erhalten. Wesentliches Kriterium ist die Qualität der Ausbildung, die vor allem multimediale journalistische Kenntnisse, technische und gestalterische Kompetenzen, Me- dienrecht und journalistische Ethik vermitteln soll. Die „Radiosiegel“ werden jährlich im Rahmen des RadioNetzwerkTags in Frankfurt am Main verlie- hen, einer von der LFK geförderten Veranstaltung, die sich vor allem an junge Radiomacherinnen und Radiomacher wendet und ihnen praxisnahe Work- shops bietet. Zur Preisverleihung werden die Vo- lontärinnen und Volontäre mit ihren Ausbilderin- nen und Ausbildern eingeladen. Zusätzlich haben Gewinnerinnen und Gewinner des „Radiosiegels“ die Chance zur Teilnahme an einem Medien-Work- shop-Wochenende in Berlin. Durch diese Form der Nachwuchsförderung sorgt die LFK dafür, dass die Qualität im privaten Radio langfristig auf einem hohen Niveau bleibt. Copyright: LPR Hessen 58 58

April 2017 — April 2020 Das Medienmacher-Meetup: Ein neues journalistisches Netzwerk entsteht Mit der Veranstaltungsreihe „Medienmacher-Meet- up Baden-Württemberg“ wurde auf Initiative der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) gemeinsam mit der LFK und weiteren Part- nern 2019 erstmals eine neue Möglichkeit der Ver- netzung für Medienschaffende und Journalistinnen und Journalisten ins Leben gerufen. Branchen- übergreifend werden aktuelle Trends und Themen ebenso aufgegriffen wie gesellschaftspolitische Fragen und Herausforderungen und anhand von erfolgreichen Praxisbeispielen diskutiert. Der LFK-Medienpreis: Gala-Auftritt der baden-württembergischen Rundfunkbranche Als eine weitere Form der Journalismusförderung vergibt die LFK jährlich den LFK-Medienpreis für herausragende Leistungen der in Baden-Württem- berg zugelassenen privaten Rundfunkveranstalter und prämiert Autoren von Hörfunk- und Fernseh- beiträgen, die sich neben ihrer journalistischen Qualität durch eine besondere Kreativität und Ori- ginalität auszeichnen. Die Preise werden im Rah- men einer feierlichen Gala vor großem Publikum, mit rund 1.000 Gästen, im Stage Theater im SI- Centrum in Stuttgart vergeben. Die Veranstaltung hat sich in den letzten Jahren zum wichtigsten Branchentreff und Networking-Event der privaten Rundfunkveranstalter und der Kreativbranche aus Baden-Württemberg entwickelt. Über die Vergabe der Preise, in den meist zehn Wettbewerbskategorien in den Bereichen Hörfunk und TV, entscheidet eine unabhängige Fachjury aus Medienexpertinnen und Medienexperten – und Praktikerinnen und Praktikern. Dabei werden Preis- gelder in Höhe von insgesamt 30.000 Euro verge- ben. Die Wettbewerbskategorien entsprechen dem Arbeitsalltag der privaten Rundfunkveranstalter und wurden in den vergangenen Jahren immer wieder aktualisiert. Im Jahr 2020 wurde die neue Kategorie „Sonderpreis Gesellschaftliches Engage- ment“ geschaffen, in der Beiträge ausgezeichnet werden, die ein soziales oder kulturelles Engage- ment zum Ziel haben und somit einem guten Zweck dienen. LFK Medienpreis 2018 59 59

Die LFK im Wandel Technik, die alle erreicht Egal, wie ergreifend vielfältig die Inhalte sind, die die Medienschaffenden in Baden-Württemberg täg- lich erstellen — nur mit entsprechend guten Netzen kommen sie auch bei den Nutzerinnen und Nut- zern an. Das wird jeder wissen, der auch schon einmal verzweifelt versucht hat, bei der Autofahrt über sein Handy Musik zu streamen oder zu Hause ein Video herunterzuladen — und nichts geschah. Für unsere Mediennutzung werden Apps und an- dere Streaming-Angebote immer wichtiger. Erste Verbreitungswege sind bereits vollständig digitali- siert: So hat, als erster großer Netzbetreiber, Unity- media (heute Teil von Vodafone) die Verbreitung von Fernsehprogrammen in analoger Technik in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-West- falen bereits im Juni 2017 eingestellt. Als LFK fördern wir einerseits die weitere Digitali- sierung, indem wir die Rundfunkveranstalter in Baden-Württemberg bei ihrem Umstieg auf digitale Verbreitungswege, für die sich oft erst noch trag- fähige Geschäftsmodelle entwickeln müssen, un- terstützen – in den Jahren 2017 bis 2019 mit mehr als 10 Millionen Euro. Andererseits bringen wir uns aktiv bei der Planung und Entwicklung der digitalen Infrastrukturen selbst mit ein. Teilweise fördern wir den Ausbau, etwa im Bereich DAB. Und wir stehen kleinen Kommunen ebenso wie großen Ministerien bei ihren Bemühungen um eine Verbesserung der Mobilfunkversorgung und dem Aufbau von 5G-Netzen in Baden-Württemberg zur Seite. So ist die LFK Mitglied in der vom Innenmi- nisterium einberufenen Gigabit Allianz und wirkt in der vom Wirtschaftsministerium des Landes ge- leiteten „Taskforce Mobilfunk“ mit. Mit vielen inter- essierten Landkreisen und Gemeinden diskutieren wir über Hintergründe, Ausbauszenarien und Standortvarianten – denn der von großen Teilen der Bevölkerung gewünschte Ausbau des schnellen Funkinternets kann nur mit zusätzlichen Mobil- funkstandorten erreicht werden. 60 60

April 2017 — April 2020 Darüber hinaus tritt die LFK auch im Rahmen poli- tischer Expertenrunden für eine vielfältige Medien- landschaft und einen konvergenten Rechtsrahmen, der lokale und regionale Strukturen nachhaltig un- terstützt, ein. Regulierung, die vorausschaut Die LFK setzt sich auch über eine zeitgemäße Me- dienregulierung für die Entwicklung der Medien- landschaft in Baden-Württemberg ein. Sie steht da- zu im kontinuierlichen Dialog mit Politik, Wissen- schaft, Veranstaltern und anderen Akteuren der Medienlandschaft Baden-Württemberg. » So nahm die LFK an dem 2018 von der Landes- regierung initiierten runden Tisch „Medienzukunft Baden-Württemberg“ teil. Mit dem Ziel, die Vielfalt medialer Angebote bei der digitalen Transformati- on zu begleiten und die journalistische Qualität im Land zu erhalten, tauschten sich LFK, Politik, Ver- bände und andere Branchenvertreter gemeinsam zu den digitalen Herausforderungen und drängend- sten Handlungsfeldern aus. Die LFK war dabei in nahezu allen Fach-Arbeitsgruppen vertreten. BW-Talk: Gesprächsrunde mit (v.l.n.r.) Prof. Dr. Kai Gniffke, Prof. Carl Bergengruen, Valdo Lehari jr., Dr. Wolfgang Kreißig und Moderatorin Dr. Jana Kübel Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg 61 61

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Medienstaatsvertrag ist medienpolitischer Meilenstein Gastbeitrag von Heike Raab, Staatssekretärin in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales „Der Medienstaatsvertrag ist sicher eines der wichtigsten und weitreichendsten medienpoliti- schen Vorhaben der letzten Jahre in Deutschland. Die Bedeutung des Internets – und hier vor allem der großen Tech-Giganten – für die Verbreitung medialer Informationen hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Gleichzeitig brauchen und suchen die Menschen verlässliche und seriöse In- formationen, für die der Medienstaatsvertrag die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft. Er ist die Antwort der Länder als Mediengesetzge- ber auf die Digitalisierung der Medienwelt. Die- sem Vertragswerk sind viele Gespräche mit Me- dienmacherinnen und -machern, zwei große Onlinebeteiligungen mit über 1.300 Eingaben und Beratungen in der Rundfunkkommission vor- ausgegangen. Besonders die Landesmedienan- stalten waren in diesem Verfahren ein verlässli- cher Partner und fachlicher Begleiter. Dafür möchte ich den Medienanstalten ausdrücklich danken, denn auch künftig werden wir eng zu- sammenarbeiten. Staatssekretärin Heike Raab (Copyright: LV RLP, Marc-Steffen Unger) Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem Zu- sammenspiel zwischen grundlegenden Leitplan- ken des Mediengesetzgebers und Spielräumen für die Medienaufsicht zur näheren Ausgestaltung und Handhabung in der Praxis einen guten und zukunftsfähigen Ansatz gefunden haben. Bei der Durchsetzung der Vorschriften zur Transparenz und zum Verbot von Diskriminierungen wird es ganz stark auf die Landesmedienanstalten als Aufsichtsbehörden ankommen. Mit der Wahl von LFK-Präsident Wolfgang Kreißig zum Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Medienanstalten (DLM) und der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) übernimmt Baden- Württemberg eine maßgebliche und richtungs- weisende Rolle bei der Erarbeitung von Satzun- gen sowie in der täglichen Aufsichtspraxis. Ich bin optimistisch, dass die Gemeinschaft der 14 Landesmedienanstalten hier zu guten, einheitli- chen und kraftvollen Lösungen kommen wird.“ 62 62

April 2017 — April 2020 Aus dem Ländle nach Deutschland und in die Welt Doch auch über die Landesgrenzen Baden-Würt- tembergs hinaus engagiert sich die LFK in der Me- dienpolitik und für eine zeitgemäße und schlag- kräftige Medienregulierung. Im Verbund waren die Medienanstalten über viele Jahre hinweg am Pro- zess der Ausgestaltung des neuen Medienstaatsver- trags beteiligt, der voraussichtlich Ende 2020 in Kraft treten wird. Für uns als Medienregulierungsbehörden ist das Gesetzeswerk ein wichtiger und lang herbeigesehn- Konferenz in Addis Abeba Auch über die Bundesgrenzen hinaus engagiert sich die LFK für Meinungs- und Medienvielfalt und zeigt auf, wie Pressefreiheit in Deutschland institu- tionell verankert ist. So nahm LFK-Präsident Dr. Wolfgang Kreißig im Februar 2019 auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung als Experte zusam- men mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes- ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, des deutschen Presserats und der Bundespresse- ter Schritt. Denn es gibt uns endlich den notwen- digen Rechtsrahmen an die Hand, um zeitgemäße Medienaufsicht durchzuführen. In zahlreichen Satzungs-AGs arbeiten wir nun – kurz vor dem Zieleinlauf – mit Hochdruck daran, die neuen Regulierungsmöglichkeiten in den Ländern auch auf die Straße zu bringen. konferenz an einer Konferenz zum Thema Medien- freiheit in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abe- ba teil. Hierbei wurden die Institutionen der Medienfreiheit in Deutschland präsentiert und mit äthiopischen Kolleginnen und Kollegen diskutiert, wie Äthiopien seine Medienlandschaft neu organi- sieren könnte, um die Freiheit der Presse im Land zukünftig garantieren zu können. 63 63

Die LFK im Wandel Stark im Verbund: Die bun- desweite Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten In allen bundesweiten Angelegenheiten arbeitet die LFK eng mit den anderen 13 Medienanstalten in Deutschland in der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) zusammen. Um innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) eine effektive Aufsicht durchzuführen und gemeinsame medienpolitische Themen zu fördern, organisieren die 14 Landesmedienanstalten ihre Tätigkeiten in verschiedenen Kommissionen. GVK DLM ZAK KJM KEK GK Beauftragter für den Haushalt Beauftragter für Europa Fachausschuss I — Regulierung Fachausschuss II — Netze, Technik, Konvergenz Fachausschuss III — Medienkompetenz, Nutzer- und Jugendschutz, lokale Vielfalt Quelle: diemedienanstalten.de (grafische Aufbereitung: Gehring Kommunikation) Die Medienlandschaft von morgen gestalten — Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Die DLM gibt es bereits seit 31. Mai 1985. Damals waren in der „Konferenz der Direktoren der unab- hängigen Landesanstalten für Rundfunk und neue Medien“ noch die Direktoren aus den Ländern der früheren Bundesrepublik vertreten, um eine besse- re Abstimmung zu länderübergreifenden Fragen und Aufgaben herbeizuführen, für die es damals noch keine gemeinschaftlichen Organe gab. Heute nimmt die DLM die Interessen aller 14 Landes- medienanstalten auf dem Gebiet des Rundfunks auf nationaler und internationaler Ebene wahr. Seit 1. Januar 2020 ist LFK-Präsident Dr. Wolfgang Kreißig der Vorsitzende der DLM. 66

April 2017 — April 2020 Bundesweite Maßstäbe setzen — Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) Die ZAK ist das zentrale Organ der Medienanstal- ten. Dort wird etwa über Zulassungsanträge oder Werbeverstöße entschieden. Aber auch die Regu- lierung von Plattformanbietern wie Vodafone oder Deutsche Telekom werden dort beraten. In den Jahren 2018 und 2019 entschied die ZAK über 64 Neuzulassungen von bundesweiten Hör- funk- und Fernsehprogrammen. In sechs Fällen (2019) wurden Zulassungen verlängert. Dabei ge- winnen Neuzulassungen von Programmen, die ex- klusiv über das Internet verbreitet werden, oft in Form sogenannter Multi-Channel-Networks, bei de- nen ein Anbieter zahlreiche Streams gleichzeitig beantragt, zunehmend an Bedeutung. Eine Stärkung ihrer Zulassungs-Praxis im Bereich des Streamings konnte die ZAK 2018 im Verfahren gegen BILD erreichen. Die Entscheidung der ZAK, dass Live-Streams der BILD-Zeitung nicht weiter zu- lassungsfrei betrieben werden dürfen, wurde mit Urteil des VG Berlin vom 26. September 2019 bestätigt. Bereits seit April 2018 streamte BILD In- ternet-Video-Formate - die ZAK stellte im Juni 2018 jedoch fest, dass hierdurch Rundfunk ohne Zulassung veranstaltet worden war und beanstan- dete dies. Jugendschutz in den Medien ist nicht verhandelbar — Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Die KJM ist die zentrale Aufsichtsstelle für den Ju- gendschutz im privaten Rundfunk und Telemedien. In Deutschland besteht ein vergleichsweise hohes Schutzniveau, dessen Regelungen sich vor allem im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) fin- den. In ihrer Sitzung im Dezember 2017 wählte die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) LFK- Präsident Dr. Wolfgang Kreißig zu ihrem neuen Vor- sitzenden. Diese Position hatte er inne, bis er am 1. Januar 2020 den Vorsitz der DLM übernahm. Während seiner Amtszeit lag ein Fokus der KJM un- ter anderem im Bereich Hass und Hetze im Netz. Neben einer verstärkten öffentlichen Diskussion und Sensibilisierung für das Thema stand insbe- sondere der Austausch gemeinsamer Erfahrungen im Vordergrund. So entstand der erste gemeinsame Jugendschutz- und Medienkompetenzbericht der Landesmedien- anstalten: „Der Ton wird härter – Hass, Mobbing und Extremismus“, der im Februar 2019 erschie- nen ist. Der Bericht beleuchtet die medienrechtli- chen Fragestellungen rund um Hassrede und gibt zahlreiche Beispiele aus der Aufsichtspraxis und verschiedener Medienkompetenzprojekte der Lan- desmedienanstalten. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der Fortentwick- lung der Möglichkeiten des technischen Jugend- medienschutzes. 67

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Resümee der Amtszeit als Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz Angelehnt an den Gastbeitrag von Dr. Wolfgang Kreißig in der Medienkorrespondenz 2/2020, erschienen am 31. Januar 2020. „Die Öffentlichkeit ist zunehmend für Themen des Jugendmedienschutzes sensibilisiert, die Rufe nach mehr Schutz für Kinder und Jugendliche im Internet werden lauter. In die andauernden De- batten über Hass und Mobbing in sozialen Netz- werken und Messenger-Apps, über die ungewollte Konfrontation mit pornografischen und ge- walthaltigen Videos oder über Kostenfallen und Suchtpotenzial von Games mischt sich zuneh- mend der Unmut von Eltern, die sich um das Wohl ihrer Kinder sorgen und Maßnahmen für deren Schutz einfordern. Diese Forderung ist richtig und wichtig. Jugend- schutz in den Medien ist nicht verhandelbar. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) setzt sich täglich dafür ein, problematische Inhalte zu beseitigen und Anbietern vor Augen zu führen, dass widerrechtliches Handeln auch im Internet juristische Konsequenzen hat. In den letzten bei- den Jahren habe ich sie als Vorsitzender dabei be- gleitet, wie sie Verfahren geführt hat, die sich mit unvorstellbaren Brutalitäten und Entgleisungen auseinandersetzen, wie sie jugendgefährdende oder entwicklungsbeeinträchtigende Angebote untersagt, für deren Löschung oder Indizierung gesorgt und Anbieter zur Verantwortung gezogen hat. Neben dieser konkreten Verfolgung von Ver- stößen gegen die Vorgaben des Jugendmedien- schutz-Staatsvertrags (JMStV) gibt es eine Vielzahl von weiteren Aktivitäten der KJM, die, öffentlich oftmals kaum sichtbar, für die Sicherung und Ef- fektivität des Schutzes von Kindern und Jugendli- chen jedoch in gleichem Maße essenziell sind. Dies betrifft insbesondere den Bereich des techni- schen Jugendmedienschutzes. Hier konnten wir während der vergangenen beiden Jahre große Fortschritte erzielen. Jugendschutzprogramme im Fokus Besonders hervorzuheben ist dabei das Verfahren zum Jugendschutzprogramm „JusProg“: Die Frei- willige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbie- ter e. V. (FSM) hatte „JusProg“ im Frühjahr 2019 als geeignetes Jugendschutzprogramm im Sinne des JMStV beurteilt. Doch die FSM hätte nach Überzeugung der KJM bei ihrer Eignungsprüfung berücksichtigen müssen, dass das Programm „JusProg“ seine Schutzwirkung nur dann entfal- tet, wenn die Nutzer mit einem Windows-Compu- ter auf Online-Inhalte zugreifen, da die zur Aner- kennung vorgelegte Version von „JusProg“ aus- schließlich für diese Endgeräte ausgelegt ist. Die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen sieht jedoch anders aus: Etwa 60 Prozent der Kinder (KIM-Studie 2018) und 80 Prozent der Jugendlichen (JIM-Studie 2018) nutzen das Inter- net über Smartphones. Die Entscheidung der KJM zu „JusProg“ hat eini- ges in Bewegung gesetzt. Neben der Zusicherung des JusProg e. V., die Erweiterung des Jugend- schutzprogramms um Funktionalitäten für iOS und Android zur Eignungsbeurteilung vorzulegen, haben verschiedene Anbieter ihre Bemühungen um technische Schutzlösungen für Kinder und Ju- gendliche intensiviert. Mit Sky Deutschland und der Deutschen Telekom haben zwei große Anbie- ter der KJM technische Mittel für ihre Plattformen zur Positivbewertung vorgelegt und damit ebenso Verantwortung für einen zeitgemäßen Jugendme- dienschutz übernommen wie Netflix und Ninten- do, die Schutzlösungen für ihre geschlossenen Sy- steme zur Eignungsprüfung vorgelegt haben. 68 68

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 Hieran knüpft sich meine Hoffnung, dass weitere Anbieter – gerade im Bereich der Plattformen – diesem guten Beispiel folgen und jenseits einer Alterskennzeichnung für übergreifende Jugend- schutzprogramme proprietäre Lösungen für ihre Angebote entwickeln und einsetzen. Neue Technologien für besseren Schutz Zum Geflecht verschiedener technischer Schutzlö- sungen zählen auch Altersverifikationssysteme, die der KJM zur Bewertung vorgelegt werden kön- nen. Die Kriterien für diese Bewertungen überar- beitet die KJM regelmäßig gemäß dem aktuellen Stand der Technik. Die jüngste Aktualisierung En- de 2019 berücksichtigt die Möglichkeit, eine Au- toident-Technologie in Altersverifikationssysteme zu integrieren. Mit dieser Methode erfolgt die Identifizierung der Nutzerinnen und Nutzer an- hand eines automatischen Abgleichs eines Fotos mit den biometrischen und sonstigen Daten eines Ausweisdokuments. Der Einsatz einer solchen Machine-Learning-Technologie kann die bislang notwendige Face-to-Face-Kontrolle bei der Alters- verifikation ersetzen und hat daher das Potenzial, die Hemmschwelle für Nutzerinnen und Nutzer beim Identifizierungsverfahren herabzusetzen und verspricht eine entsprechend größere Akzeptanz von Altersverifikationssystemen. Dies verdeutlicht, wie vielversprechend neue Technologien für den Jugendmedienschutz sind. Während meiner Amts- zeit hat sich die KJM beispielsweise auch mit ma- schinellem Lernen im Kontext von Filterlösungen auseinandergesetzt. Auch hier liegt großes Poten- zial für Anbieter, die ihre Verantwortung für den Jugendmedienschutz ernst nehmen. Novellierungsbedarf für einen zeitgemäßen Rechtsrahmen Ich möchte nichts beschönigen: Bei all den Erfol- gen der KJM aus den letzten zwei Jahren gibt es Bereiche, in denen die Aufsichtsbehörden Kinder und Jugendliche nicht in dem Maße schützen kön- nen, wie es nötig wäre. Dies ist hauptsächlich dann der Fall, wenn Anbieter ihren Sitz im Aus- land haben und die Durchsetzung des deutschen Rechts für die Aufsichtsbehörden dadurch maß- geblich erschwert wird. Hier braucht es wirksa- mere Instrumente seitens des Gesetzgebers. Dar- über hinaus hinkt die Gesetzgebung den Entwicklungen der Medien hinterher. Neue Risiko- dimensionen für Kinder und Jugendliche, wie et- wa Interaktionsrisiken in sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten, die Förderung exzessi- ven Spielverhaltens oder finanzielle Risiken bei In- App-Käufen werden von dem derzeitigen Rechts- rahmen nicht umfasst. Die Umsetzung der jugendschutzrechtlichen Vor- gaben der AVMD-Richtlinie in einen entsprechend novellierten JMStV, der im Herbst 2020 in Kraft treten soll, war im vergangenen Jahr ein erster Schritt auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Rechts- grundlage. Dennoch ist eine umfassendere Novel- lierung des JMStV und eine enge Verzahnung mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) zwingend notwendig. In meiner neuen Funktion als Vorsitzender der Di- rektorenkonferenz der Landesmedienanstalten werde ich die laufenden und angekündigten Ge- setzgebungsprozesse weiterhin begleiten, in guter Zusammenarbeit mit Dr. Marc Jan Eumann, der Anfang des Jahres den Vorsitz der KJM übernom- men hat.“ 69 69

Die LFK im Wandel Welche Angebote bestimmen die Meinung im Land – und wer steckt dahinter? Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und die bundesweite Forschung der Landesmedienanstalten zur Mediennutzung Die KEK ist zuständig für die Sicherung von Mei- nungsvielfalt bei bundesweiten Fernsehprogram- men. Sie kontrolliert, wer hinter diesen Program- men steht und prüft, ob ein Unternehmen durch seine Beteiligungen vorherrschende Meinungs- macht erlangen könnte. Darüber hinaus untersuchen und dokumentieren die Landesmedienanstalten kontinuierlich die Ent- wicklung der Medienlandschaft und des Meinungs- markts in Deutschland. Wichtige Daten hierzu lie- fern der MedienVielfaltsMonitor und die Medien- GewichtungsStudie der Landesmedienanstalten. Der MedienVielfaltsMonitor erfasst, welche Bedeu- tung Medien und Unternehmen für die Meinungs- bildung in Deutschland haben. Die Ergebnisse aus den Jahren 2017 — 2019 bestätigen den Trend, dass Online-Angebote immer wichtiger werden – das gilt vor allem für die jüngeren Zielgruppen. So liegt bei den 14- bis 29-Jährigen das Internet mit knapp 60 Prozent klar an der Spitze bei der Meinungsrelevanz und Netflix gehört 2019 erst- mals zu den Top-10-Medienkonzernen im Mei- nungsmarkt dieser Altersgruppe. Neben einer zunehmenden Relevanz von Video- Streamingangeboten werden auch Intermediäre als Gatekeeper für die Meinungsbildung immer wichti- ger. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung informiert sich täglich über Intermediäre, wobei vor allem Suchmaschinen und Soziale Netzwerke genutzt werden. Gerade die Jüngeren nutzen auch Bewegt- bildangebote wie YouTube und Instagram, um sich über das Zeitgeschehen zu informieren. Als Landesmedienanstalten setzen wir uns daher dafür ein, dass auch diese Unternehmen Teil der regulierten Medienwelt in Deutschland werden. Denn zur Verhinderung der Machtkonzentration müssen alle Angebote, die Einfluss auf die öffentli- che Meinungsbildung haben, denselben Regelun- gen unterliegen. Die MedienGewichtungsStudie, die wesentlicher Bestandteil des MedienVielfaltsMonitors ist, bestä- tigt diesen Trend. Seit 2018 werden in ihr auch die Bedeutung von Medien(gattungen) und Inter- mediären für die lokale Meinungsbildung erfasst. Auch hier zeigt sich deutlich die Bedeutung von In- termediären für die Meinungsbildung: Mehr als je- der Fünfte über 14 Jahre nutzt an einem durch- schnittlichen Tag einen Intermediär zur Information über Lokales, am häufigsten Suchmaschinen oder Soziale Netzwerke wie YouTube und Instagram. Die Aufgaben im Bereich der klassischen Medien bleiben daneben aber nicht minder wichtig. Mit ARD, Bertelsmann, ZDF, Springer und ProSieben- Sat.1 nehmen die TOP 5 der klassischen Medien- konzerne weiterhin gut 55 Prozent des Meinungs- bildungsmarktes in Deutschland ein. Und das lineare Fernsehen hat, trotz abnehmender Rele- vanz, nach wie vor das höchste Gewicht für die Meinungsbildung. Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig eine kon- vergente Regulierung ist, die neben den klassi- schen Rundfunkveranstaltern auch neue Medien- unternehmen und ihre Meinungsrelevanz berücksichtigt. 70 70

April 2017 — April 2020 Meinungsbildungsgewicht der Medien im Trend Das Gewicht der Online-Medien steigt weiter, Fernsehen und Tageszeitungen verlieren kontinuierlich. Auch Radio ist aktuell etwas weniger relevant als zuletzt. Quelle: MedienVieltfaltsMonitor 2019 II, S. 29 „Der neue Medienstaatsvertrag wird für viele Jahre die gesetzliche Grundlage für uns sein, um Meinungsvielfalt und -freiheit in Deutschland sicherzustellen. Alle unsere Untersuchungen zeigen ganz deutlich die zunehmende Relevanz von Onlineangeboten und Intermediären für die Meinungsbildung. Es ist daher ein wichtiger und richtiger Schritt, dass Medienintermediäre und Medienplattformen im Medienstaatsvertrag Berücksichtigung finden — und ein tolles Signal für unse- re Demokratie, die ohne Meinungsfreiheit nicht existieren kann.“ Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) In der GVK sind die Vorsitzenden der meist plural besetzten Gremien der 14 Landesmedienanstalten vertreten. Ihr obliegt ein wichtiger Beitrag zur Viel- faltssicherung, indem sie entscheidet, welche Pro- gramme etwa über Plattformen verbreitet werden, wenn zwischen mehreren Bewerbern ausgewählt werden muss. Oder wer eine solche Plattform be- treiben darf – wie zuletzt in 2017, als die Antenne Deutschland GmbH & Co. KG als neue Betreiberin der zweiten bundesweiten Digitalradio-Plattform DAB+-ausgewählt wurde („2. Bundes-Mux“). Daneben werden in der GVK auch wichtige Themen beraten, die in unserer Gesellschaft und in der Medienpolitik von Bedeutung sind. Hierzu gehören beispielsweise die Sicherung der Meinungsvielfalt, Programmqualität und Programmethik. Die GVK-Mitglieder treffen sich im Schnitt drei bis viermal im Jahr und tauschen sich in regelmäßigen Abständen mit den Gremienvorsitzenden der ARD über aktuelle medienpolitische oder technische Entwicklungen aus, die beide Seiten des dualen Rundfunksystems betreffen. 71

Die LFK im Wandel Die LFK im Wandel Ausblick auf den Vorsitz der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) – Fünf Prioritäten Von Dr. Wolfgang Kreißig 1. Meinungsvielfalt sichern – auf den letzten Metern zum Inkraft- treten des Medienstaatsvertrags 2. Verantwortung einfordern – das europäische Gesetz für digitale Dienste Die Sicherung der Meinungsvielfalt ist Basis und Leitziel der Regulierung des Mediensektors. Ihre Bedeutung ergibt sich bereits aus ihrer verfas- sungsrechtlichen Verankerung und setzt eine viel- fältige Medienlandschaft voraus. Als Landesmedi- enanstalten ist es eine unserer Aufgaben, die richtigen Rahmenbedingungen für eine wirtschaft- lich tragfähige Medienlandschaft mitzugestalten. Es gilt daneben aber auch sicherzustellen, dass vielfältige Inhalte überhaupt erst bei den Nutze- rinnen und Nutzern ankommen. Der Wechsel vom Rundfunk- zum Medienstaatsvertrag ist hier- für ein dringend notwendiger und überfälliger Schritt. Er weitet die bisherige Plattformregulie- rung aus und nimmt nun auch Medienintermedi- äre und Benutzeroberflächen in den Blick. Diese neu regulierten Player spielen als sogenannte di- gitale Gatekeeper eine entscheidende Rolle dabei, welche Inhalte am Ende auf den Endgeräten der Nutzerinnen und Nutzer angezeigt und aufgefun- den werden und üben damit einen erheblichen Einfluss auf den Prozess der freien Meinungsbil- dung aus. Daher müssen Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Smart TVs und Smart Speaker sowie News-Aggregatoren künftig spezifische Anforde- rungen in puncto Diskriminierungsfreiheit, Auf- findbarkeit bestimmter Inhalte oder Transparenz bezüglich der zentralen Kriterien der Aggregation, Selektion und Präsentation von Inhalten erfüllen. Als Landesmedienanstalten haben wir bereits mit der Ausgestaltung der den Medienstaatsvertrag konkretisierenden Satzungen, begonnen. Dabei ist es mir wichtig, diese in einem transparenten Beteiligungsverfahren mit der Branche zu disku- tieren. Denn am Ende brauchen wir praxistaug- liche Regelungen. Doch der Satz „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ von Sepp Herberger gilt auch für die Medienregu- lierung und unser medienpolitisches Engagement. Es bleibt keine Zeit, sich auf dem Erreichten aus- zuruhen. Mit dem Gesetz für digitale Dienste (Di- gital Services Act) und dem „European Democra- cy Action Plan“ stehen auf europäischer Ebene bereits zwei weitere, richtungsweisende Initiati- ven an, die unsere Medienlandschaft nachhaltig prägen werden. Denn es geht nun auch auf euro- päischer Ebene um die Frage, wie Plattformen wie Google, Youtube oder Facebook zukünftig re- guliert werden sollen. Diese spielen eine zentrale Rolle bei der Verbreitung und Nutzung medialer Inhalte. Und ich bin überzeugt, dass die Entschei- dung, wie unser digitales Mediensystem aussehen soll, nicht allein international agierenden Groß- konzernen aus dem Silicon Valley oder China überlassen werden darf. Daher erwarten wir uns vom Digital Services Act, dass nun Klarheit ge- schaffen wird, welche Verantwortung Plattformen wie Google, Facebook, Twitter und Co. zukünftig für die durch sie verbreiteten Inhalte tragen. Die Intermediärsregulierung des Medienstaatsvertrags könnte hier ein Vorbild für Europa sein. Als Landesmedienanstalten möchten wir diesen Prozess auf europäischer Ebene eng begleiten, et- wa durch die Teilnahme an Konsultationsverfah- ren, um dabei insbesondere auch die Perspektive der föderalen Medienregulierung, etwa mit Blick auf den Umgang mit Hass und Desinformation sowie dem Schutz der Meinungsfreiheit, einzu- bringen. 72 72

April 2017 — April 2020 April 2017 — April 2020 3. Desinformation – ein Angriff auf unsere demokratischen Kommunikationsprozesse Das Thema Desinformation ist mir dabei ein be- sonderes Anliegen. Die Masse an Informationen ist im digitalen Zeitalter und mit der Nutzung von sozialen Medien nahezu unüberschaubar gewor- den. Jeder kann zu jeder Zeit an jedem Ort unge- filtert Inhalte abrufen oder selber verbreiten. Oft begünstigen die eingesetzten Algorithmen die Platzierung von polarisierenden oder polemi- schen Äußerungen. Daneben kommen Techniken wie etwa Social Bots zum Einsatz, um bestimmte Äußerungen in ihrer Wahrnehmbarkeit massiv zu verstärken und damit die Nutzerinnen und Nutzer über ihre Bedeutung und Relevanz zu täuschen. Daher ist es wichtig, sich die Frage der gesell- schaftlichen und regulatorischen Handlungsoptio- nen in diesem Bereich noch einmal anzuschauen. Denn klar ist: Gezielte Desinformation ist keine Meinung. Sie hat ein massives gesellschaftliches Schädigungspotenzial. Daher müssen wir gelten- des Recht konsequent durchsetzen. Der Medien- staatsvertrag hat mit der Pflicht zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten für geschäftsmäßig angebo- tene, journalistisch-redaktionell gestaltete Tele- medien einen ersten wichtigen Akzent gesetzt. Wo nötig, müssen wir nun nachsteuern – damit der Prozess der freien Meinungsbildung als funda- mentale Voraussetzung unseres demokratischen Gemeinwesens erhalten bleibt. 4. Medienkompetenz – mehr als ein Nice-to-have Doch bei allen regulatorischen Möglichkeiten gilt: Ohne medienkompetente Nutzerinnen und Nutzer werden wir unsere medienpolitischen Ziele kaum erreichen. Von Kindern und Jugendlichen bis zu Seniorinnen und Senioren ist die Bedeutung von digitalen Informationsdiensten massiv gestiegen. Wir tauschen uns über Chat-Gruppen aus oder nutzen Apps für die Gesundheitsvorsorge. Vor al- lem die jüngeren Altersgruppen informieren sich weitestgehend online über das aktuelle Zeitge- schehen. Daher ist es zunehmend wichtig, alle Bürgerinnen und Bürger bei der kompetenten und souveränen Nutzung dieser Dienste zu unterstüt- zen und zu begleiten. Keine anderen Institutionen beschäftigen sich so umfassend mit den Fragestel- lungen der zunehmenden Digitalisierung und de- ren Bedeutung für die Mediennutzung und sind ähnlich gut und breitgefächert aufgestellt wie die Landesmedienanstalten, die auf jahrzehntelange Erfahrung in der Medienkompetenzvermittlung zurückblicken können. Als LFK wollen wir diesen Weg konsequent weiter gehen und als Kompe- tenzzentrum in diesem Feld weitere wichtige neue Impulse setzen. 5. Mut zur Erneuerung – ein Blick auf uns selbst Mit dem Medienstaatsvertrag kommen noch in 2020 sehr konkrete neue Aufgaben auf uns als Landesmedienanstalten zu. Diese gilt es vorerst überwiegend mit den bestehenden finanziellen und personellen Ressourcen zu erledigen. Hinzu kommt, dass sich die Art und Weise, wie wir zu- sammenarbeiten, nicht zuletzt durch die Corona- Pandemie sehr viel rasanter verändern wird als bisher angenommen. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen haben wir uns daher vorgenommen, in den ersten zwei Jahren meines Vorsitzes in der Direktorenkonferenz der Medien- anstalten (DLM) unsere internen Strukturen und Arbeitsabläufe zu evaluieren und an die aktuellen Herausforderungen anzupassen. Dazu wollen wir klare Zuständigkeiten auch für die neu zu erledi- gen Aufgaben schaffen und unsere gemeinsamen Ressourcen gezielt einsetzen, indem wir agile, länderübergreifende Arbeitsgruppen mit den Ex- pertinnen und Experten aus den Landesmedien- anstalten bilden. Dies mit dem Ziel, die vielfältige Medienlandschaft in Deutschland mit effektiven Prozessen erfolgreich in die digitale Zukunft zu führen und um damit dauerhaft Medienvielfalt und das Recht zur freien Meinungsäußerung zu sichern. 73 73

Die LFK im Wandel Chronik 2017 2018 1. April 2017 Dr. Wolfgang Kreißig wird Präsident der LFK 15. Mai 2017 26. LFK Medienpreis „MEDIA FLIGHT“ 30. Juni 2017 Ende der analogen TV- Verbreitung im Kabelnetz von Baden-Württemberg 10. Juli 2017 LFK-Jahresempfang mit Verleihung des Digital- Journalismus-Preises DIG-JO 19. September 2017 Vorstellung der im Auftrag der LFK erstellten Goldmedia- Studie „Ausgestaltung der lo- kalen Hörfunklandschaft in Baden-Württemberg 2025“ 21. November 2017 8. Stuttgarter Medienkongress „CRAFT MEDIA“ 15. Dezember 2017 Netzbetreiber Media Broadcast verkauft UKW-Infrastruktur. Die LFK betreut den Prozess als Moderatorin und stellt den nahtlosen Fortbestand der UKW-Verbreitung in Baden- Württemberg sicher 76 76 1. Januar 2018 Dr. Wolfgang Kreißig übernimmt KJM-Vorsitz 20. März 2018 Facebook-Live-Stream #imländle erhält Rundfunklizenz 23. April 2018 Auftakt der runden Tische der Landesregierung Baden- Württemberg zur Zukunft der regionalen Medienwirtschaft 7. Mai 2018 27. LFK-Medienpreis „MEDIA MOVES“ 5. Juli 2018 SWR-Landesrundfunkrat und LFK-Medienrat verabschieden gemeinsame Erklärung/ enge Zusammenarbeit bei Medienkompetenzvermittlung 9. Juli 2018 Media Tasting „change becomes culture“ mit SMK- Inkubator und angeschlosse- nen LFK-Jahresempfang inkl. Verleihung des Digital- Journalismus-Preises DIG-JO 27. November 2018 „20 Jahre JIM-Studie“ Jubiläumsveranstaltung im GENO-Haus Stuttgart

April 2017 — April 2020 1. Januar 2020 Dr. Wolfgang Kreißig wird Vorsitzender der Direktoren- konferenz der Landesmedien- anstalten (DLM) 1. Januar 2020 Handysektor wird ab diesem Zeitpunkt komplett von der LFK gefördert 15. Januar 2020 Relaunch des Corporate Designs der LFK 17. Februar 2020 Resolution des LFK-Medien- rats: Kompetenzaufteilung Bund/ Länder im Jugend- medienschutz 1. März 2020 Start Seniorenprojekt "gesundaltern@BW" 2. März 2020 Gemeinsame Gremiensitzung LFK/ LMK medienanstalt rlp 6. März 2020 Stellungnahme der Medien- anstalten zum Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Jugendschutzgesetzes Ausblick: 12. August 2020 Relaunch der LFK-Webseite 2020 2019 13. Mai 2019 28. LFK-Medienpreis „MEDIA MOMENTS“ 24. Juni 2019 Resolution des LFK-Medien- rats: Jugendmedienschutz 24. Juni 2019 Media Tasting „Raus aus dem Kreisverkehr – Disrupt your thinking“ mit LFK- Jahresempfang 8. Juli 2019 LFK verlängert Bedarf für landesweiten DAB+ Multiplex bis 2026 21. Oktober 2019 Resolution des LFK-Medien- rats: Gegen Hass und Hetze im Netz 4. November 2019 Start der Veranstaltungsreihe „Medienmacher-Meet-Up Baden-Württemberg“ 27. November 2019 Durchführung Fachkonferenz zum Thema Hate Speech in Seoul, Südkorea 77 77

Die LFK im Wandel Impressum Herausgeber Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Verantwortlich Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der LFK Redaktion Eva-Maria Sommer, Simon Tauscher, Dominik Rudolph, Sina Pfannkuch Fotos Landesanstalt für Kommunikation (LFK), Thomas Kiehl (S. 8), Andreas Dalferth (S. 13, 16, 17, 27, 29), Jens Jeske (S. 32), MFG Baden-Württemberg (S. 42), Goldmedia (S. 52), LPR Hessen (S. 58), Staatsministerium Baden-Württemberg (S. 61), LV RLP, Marc-Steffen Unger (S. 62) Aus dem Katalog von Adobe Stock: © Eakrin (Umschlag außen), © Jacob Lund (S. 4/5), © alphaspirit (S. 9), © vegefox.com (S. 10/11), © snowing12 (S. 12), © deagreez (S. 14/15), © Salman (S. 18), © fizkes (S. 19), © ellisia (S. 20/21), © Anton (S. 24), © Gajus (S. 26/27), © Mikael Damkier (S. 28), © Rawpixel.com (S. 30/31, 57), © SFIO CRACHO (S. 33), © Monster Ztudio (S. 34), © Prostock-studio (S. 35), © Robert Kneschke (S. 36/37), © Claudia Paulussen (S. 38/39), © tippapatt (S. 44/45), © Maria Kasimova (S. 49), © vjtar (S. 50-52), © metamorworks (S. 53), © Manuel Schönfeld (S. 54/55), © marcelheinzmann (S. 60), © BullRun (S. 63), © itchaznong (S. 64/65), © Saklakova (S. 70), © salita2010 (S. 76/77), © Olivier Le Moal (S. 77, 78) Aus dem Katalog von Shutterstock: @ ktsdesign (S. 6, 7, 8, 9, 16, 17, 25, 29, 40, 62, 68, 69, 72, 73) Grafiken die medienanstalten (S. 66), Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, JIM Studie 2018 (S.47), JIM-Studie 2019 (S. 48), Web-TV-Monitor 2019 (S. 50, 51), MedienVielfaltsMonitor 2019 II (S.71) Gestaltung und Satz Daniela Gehring-Lanzl — Gehring Kommunikation, Ebersberg Druck Elanders GmbH, Waiblingen © Dezember 2020 78